Die Begriffe Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel werden häufig verwechselt. Dabei gibt es zwischen den beiden einen erheblichen Unterschied: Hilfsmittel dienen dem Ausgleich einer Behinderung oder einer Erkrankung.
Im Gegensatz dazu ermöglichen oder erleichtern Pflegehilfsmittel die Pflege einer pflegebedürftigen Person. Folglich handelt es sich um zwei verschiedene Kategorien, die auch bei unterschiedlichen Versicherungsträgern zu beantragen sind.
Hilfsmittel übernimmt in der Regel die Krankenkasse. Was aber genau fällt darunter? Gemäß § 33 Abs.1 SGB V (Fünftes Sozialgesetzbuch) sollen Hilfsmittel den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, eine bestehende Behinderung ausgleichen oder einer drohenden Behinderung bzw. Pflegebedürftigkeit vorbeugen.
In der Regel sind Hilfsmittel bewegliche Geräte und Produkte wie Anziehhilfen, Kompressionsstrümpfe, Bade- und Duschhilfen, Hörgeräte, orthopädische Prothesen, Gehhilfen wie Gehstöcke oder Rollatoren sowie Rollstühle. Hilfsmittel müssen vom Arzt verschrieben und von der Krankenkasse genehmigt werden. Nur dann bekommen Sie die Kosten dafür erstattet. Auch ein "nur" temporär erkrankter Mensch kann Hilfsmittel beantragen, etwa eine Gehhilfe nach einer Knie-Operation.
Versicherte der sozialen Pflegeversicherung nach § 40 Abs. 1 SGB XI (Elftes Sozialgesetzbuch) haben darüber hinaus Anspruch auf die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln. Darunter versteht das Gesetz Geräte und Sachmittel für hilfe- und pflegebedürftige Menschen,
Im Gegensatz zu Hilfsmitteln stehen Pflege-Hilfsmittel ausschließlich Pflegeversicherten zu, die bereits einen anerkannten Pflegegrad von 1 bis 5 haben - und demnach offiziell als pflegebedürftig gelten. Nur dann sind Pflegehilfsmittel kostenlos oder werden leihweise überlassen. Für die Kostenerstattung ist die jeweilige Pflegeversicherung (Pflegekasse) des Patienten zuständig.
Verzeichnis oder Katalog? Das kommt darauf an. Die gesetzliche Kranken- bzw. Pflegekasse spricht von "Verzeichnis". Die Private Kranken- bzw. Pflegeversicherung orientiert sich am "Katalog".
Was können Versicherte bei Krankheit oder Pflegebedarf beantragen? Die Auswahl ist groß: Das Hilfsmittelverzeichnis (erstellt vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen, GKV-Spitzenverband), listet aktuell mehr als 30.000 Hilfsmittel auf. Ihre Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung, GKV.
Dem Hilfsmittelverzeichnis beigefügt ist das Pflegehilfsmittelverzeichnis – das detaillierte Verzeichnis aller Pflegehilfsmittel. Diese werden von den Pflegekassen übernommen. Der GKV-Spitzenverband ist auch dafür verantwortlich, dass das Verzeichnis laufend aktualisiert wird. Er ordnet die unterschiedlichen Produkte entsprechend ihrer Einsatzgebiete in sogenannte Produktgruppen (50-54) ein und weist ihnen Hilfsmittel- bzw. Pflegehilfsmittelnummern zu.
In Abgrenzung zur GKV nennt sich die Produktliste bei den privaten Krankenversicherungen (PKV) Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelkatalog. Analog zum GKV-Verzeichnis enthält er alle Geräte und Sachmittel, welche die private Kranken- bzw. Pflegeversicherung Ihnen im Bedarfsfall erstattet. Je nach Krankenversicherungstarif haben Sie Zugang zum offenen oder geschlossenen Hilfsmittelkatalog.
Der geschlossene listet die erstattungsfähigen Artikel konkret auf. Der offene Katalog lässt durch allgemeine Formulierungen mehr Spielraum für Interpretation: Eine Private Krankenversicherung mit offenem Hilfsmittelangebot bietet somit umfangreichere Leistungen.
Die zur Pflege bestimmten Hilfsmittel werden entsprechend ihrer Einsatzgebiete in die Produktgruppen (PG) 50 bis 54 eingeteilt. Im Detail ergeben sich folgende Kategorien:
Die Produktgruppen 50 bis 53 gelten als technische Hilfsmittel. Diese überlässt die Pflegekasse unter Umständen auch leihweise zum Gebrauch – besonders, wenn es sich um größere oder teure Gegenstände handelt. Die Mittel der PG 54 sind zum Verbrauch gedacht. Aufgrund ihrer Beschaffenheit oder aus Hygienegründen sollten Sie sie nur einmal bzw. nicht über einen längeren Zeitraum verwenden.
Technische Pflegehilfsmittel sind langlebige Produkte, die bei der häuslichen Pflege regelmäßig im Einsatz sind. Ihr Ziel ist es, die Pflegesituation für den Pflegenden und die Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Zu technischen Pflegehilfsmitteln gehören beispielsweise:
Der Anspruch aus § 40 SGB XI umfasst nicht nur die Erstversorgung. Auch notwendige Änderungen, Reparaturen, Instandsetzungen bei Verschleiß sowie die Ersatzbeschaffung bei Unbrauchbarkeit oder Verlust zählen dazu. Erweiterungen oder Anpassungen sind in der Regel erforderlich, wenn der Patient aus der Hilfestellung „herauswächst“ oder, weil sie technisch veraltet ist.
Dabei handelt es sich um Sachmittel, die der allgemeinen Hygiene dienen. Oder dem Schutz des Pflegebedürftigen und der Pflegeperson sowie der Erleichterung der häuslichen Pflege. Die meisten dieser Pflegehilfsmittel sind nur zum Einmalgebrauch. Sie sind nicht für den Wiedereinsatz geeignet und müssen daher regelmäßig neu gekauft werden. Die Pflegekassen erstatten folgende sechs Verbrauchsmittel:
Darüber hinaus gewähren Pflegekassen finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen (§ 40 Abs. 4 SGB XI). Dazu gehören Umbaumaßnahmen in der Wohnung und/oder technische Hilfen im Haushalt. Für jede Maßnahme stellt die Pflegeversicherung bis zu 4.000 Euro zur Verfügung. Bei Wohngemeinschaften mit mehreren Pflegebedürftigen ist der Betrag auf maximal 16.000 Euro pro Maßnahme begrenzt. Der Zuschuss muss vor Durchführung bei der Pflegekasse beantragt und begutachtet werden.
Damit Sie Anspruch auf Pflegeleistungen haben sowie pflegerische Hilfsmittel beanspruchen können, müssen Sie folgende Kriterien erfüllen:
Als Pflegebedürftiger mit anerkanntem Pflegegrad haben Sie Anspruch auf Pflegeleistungen. In der Regel übernimmt Ihre Pflegeversicherung dann auch die Kosten. Je nachdem, wie Sie pflegeversichert sind, ist der Träger Ihrer Pflegeversicherung entweder eine gesetzliche oder private Pflegekasse.
Für technische Mittel (PG 50 bis 53) zahlen Pflegebedürftige ab dem 18. Lebensjahr im Regelfall einen Eigenanteil von zehn Prozent dazu, maximal jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel. Größere bzw. teurere technische Pflegehilfsmittel werden meist leihweise überlassen, sodass eine Zuzahlung entfällt.
Die Pflegekasse kann Sie bei Erreichen der sogenannten „Belastungsgrenze“ ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Diese Grenze ist dann erreicht, wenn Ihr Eigenanteil für Pflegehilfsmittel zwei Prozent Ihrer jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt überschreitet.
Sobald Sie innerhalb eines Kalenderjahres Ihre persönliche Belastungsgrenze erreicht haben, können Sie bei Ihrer Pflegekasse einen Antrag auf Zuzahlungsbefreiung stellen. Bewahren Sie alle Originalbelege und Rechnungen über Zuzahlungen auf. Nur wenn Sie nachweisen können, dass Ihre Kosten die Belastungsgrenze übersteigen, kann die Pflegekasse die Befreiung bewilligen.
Für zum Verbrauch bestimmte Mittel (PG 54) übernimmt die Pflegekasse bis zu 40 Euro pro Monat. Bei Anspruch auf Beihilfe (z.B. bei Beamten) erhalten Sie bis zu 20 Euro monatlich. Übersteigen Ihre Ausgaben für Einmalhandschuhe, Mundschutz und Co. diesen Festbetrag, zahlen Sie die Mehrkosten aus eigener Tasche.
Für die Kostenübernahme durch die Pflegekasse gibt es zwei Möglichkeiten: Sie können sich 40 Euro auszahlen lassen. In dem Fall erhalten Sie das Geld am Monatsanfang per Überweisung auf Ihr Konto. Oder Sie lassen sich die Kosten rückwirkend erstatten. Eine nachträgliche Kostenerstattung erfolgt allerdings nur nach Vorlage der Rechnungen. Das heißt: Sie sammeln alle Belege und reichen diese am Monatsende ein.
Obwohl Inkontinenzartikel wie Windeln, Windelhosen und Inkontinenzeinlagen – ähnlich wie die Produktgruppe 54 – zum Verbrauch gedacht sind, fallen sie nicht unter die pflegerischen Hilfsmittel. Für die Kostenübernahme ist somit auch nicht die Pflegekasse, sondern die Krankenkasse zuständig. Versicherte mit Inkontinenz können einen Zuschuss ihrer Krankenkasse für Inkontinenzmaterial erhalten – vorausgesetzt, sie haben ein entsprechendes Rezept vom Arzt.
Normalerweise fällt für jedes Hilfsmittel ein Eigenanteil von zehn Prozent an. Das sind mindestens fünf Euro und höchstens zehn Euro pro Hilfsmittel. Bei Inkontinenzhilfen wird hiervon eine Ausnahme gemacht: Für Windeln zahlen Sie maximal zehn Euro im Monat dazu.
Gegenstände und Geräte, die auch Menschen ohne Krankheit oder Behinderung nutzen, nennen Krankenkassen „Gegenstände des täglichen Lebens“. Dazu zählen unter anderem erhöhte (Senioren-)Betten, Komfortmatratzen und Alltagshilfen wie spezielle Essbestecke, Trinkbecher oder rutschfeste Matten. Sie können sie in Sanitätshäusern, im Einzelhandel oder im Internet kaufen. Obwohl diese Sachmittel zum Teil im Verzeichnis aufgeführt sind, haben sie keine eigene Hilfsmittelnummer. Daher entfällt für sie die Leistungspflicht der Krankenkassen.
Inzwischen sind nicht nur Hygieneartikel und zum Verbrauch bestimmte Mittel in Apotheken, Sanitätshäusern und im Einzelhandel erhältlich, sondern zunehmend auch technische Hilfsmittel. Einmalhandschuhe, Desinfektionsspray und Inkontinenzeinlagen: Das finden Sie in praktisch jedem Drogeriemarkt. Wenn Sie sich selbst um die Anschaffung kümmern, müssen Sie vorab die Kostenübernahme dafür beantragen und zudem regelmäßig an Nachschub denken.
Es geht aber auch einfacher. Anstatt jeden Monat neu an die Beschaffung von Einmalhandschuhen, Desinfektionsmitteln und Co. zu denken, können Sie zum Verbrauch bestimmte Mittel bestellen und sich bequem nach Hause liefern lassen. Mögliche Anbieter sind Sanitätshäuser und Online-Dienstleister, die sich auf sogenannte Pflegeboxen spezialisiert haben, z.B. curabox. Neben der kostenlosen Lieferung übernimmt der Leistungserbringer auch die Abwicklung mit der Pflegekasse. Er kümmert sich um Antragsstellung sowie Abrechnung.
Was müssen Sie tun? Sie wählen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Box aus. Diese sollte so konzipiert sein, dass ihre Kosten die von der Pflegekasse genehmigte Pauschale von 40 Euro nicht übersteigen. Die Lieferung erfolgt nach Antragstellung automatisch in regelmäßigen Abständen, meist monatlich. In der Regel ist die Box jederzeit kündbar. Ändert sich Ihr Bedarf, können Sie Ihre Markenprodukte neu zusammenstellen und den Liefer-Turnus jederzeit ändern.
Die direkte Abrechnung mit der Pflegekasse durch den Dienstleister ist nur bei gesetzlich Versicherten möglich. Sind Sie privat pflegeversichert, schickt Ihnen der Leistungserbringer eine Rechnung für Ihr Pflegepaket. Diese reichen Sie wie gewohnt bei Ihrer privaten Pflegeversicherung ein.
Die Bewilligung ist nicht kompliziert. Allerdings ist der Antrag mit bürokratischem Aufwand verbunden. Zusätzlich verwirrt die enge Verzahnung zwischen gesetzlicher Kranken- und Pflegekasse. Deshalb ist nicht immer klar, wer in welchem Fall und für welche Bewilligung zuständig ist. Die Antragstellung erfolgt durch den Pflegeversicherten selbst oder einen von ihm Bevollmächtigten. Bei bereits anerkanntem Pflegegrad erfolgt die Genehmigung normalerweise innerhalb von vier Wochen.
Im Gegensatz zu klassischen Hilfsmitteln, welche die Krankenkasse nur mit ärztlicher Verordnung übernimmt, ist ein Rezept grundsätzlich nicht erforderlich. Eine schriftliche Stellungnahme des Arztes oder ein Rezept mit Begründung ist dennoch ratsam. So stellen Sie sicher, dass die Pflegekasse Ihren Antrag auf Kostenübernahme zeitnah bearbeitet – und bewilligt.
Bei Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch stellen Sie den Antrag in der Regel nur einmal, da Sie die Hilfsmittel meist regelmäßig benötigen. Prüfen Sie dennoch, ob die Laufzeit Ihres Antrags unbegrenzt ist oder nach einem Jahr abläuft. Bei einer jährlichen Beantragung sollten Sie rechtzeitig einen Folgeantrag stellen. Lehnt die Pflegekasse Ihren Antrag ab, können Sie innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen.
Ihr Antrag besteht aus einem Formular zur Kostenübernahme für Pflegehilfsmittel (Anlage 4) und der Erklärung zum Erhalt von Pflegehilfsmitteln (Anlage 2). Vordrucke und Ausfüllhilfen finden Sie online oder auf Anfrage bei Ihrer Pflegekasse.
Im Dschungel der Pflegeleistungen verliert man schnell den Überblick. Als Folge bleiben Leistungen oft ungenutzt. Die gute Nachricht für Sie: Im Gegensatz zum Pflegegeld (oder den Pflegesachleistungen, die Ihnen erst ab Pflegegrad 2 zustehen) haben alle Pflegebedürftigen einen Anspruch auf die gleichen Pflegehilfsmittel – unabhängig vom Pflegegrad.
Bei der Bewilligung prüft die Pflegekasse lediglich den individuellen Bedarf und entscheidet, ob die beantragten Geräte und Sachmittel die Pflege erleichtern, Beschwerden lindern und/oder Sie in Ihrer Selbstständigkeit unterstützen.