Kfz-Versicherungsbetrug: Kurz erklärt in 30 Sekunden
- Die Ampel springt auf gelb, plötzlich bremst die Person vor Ihnen abrupt – es knallt. An Versicherungsbetrug denkt in dem Moment kaum einer. Dabei sind laut Untersuchungen sieben Prozent der Kfz-Schadensfälle manipuliert.
- Ein Kfz-Versicherungsbetrug liegt immer dann vor, wenn eine Person einen Autounfall absichtlich herbeiführt oder bewusst falsche Angaben bei der zuständigen Autoversicherung macht, um sich dadurch finanziell zu bereichern.
- Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt den jährlichen Gesamtschaden durch Kfz-Versicherungsbetrug auf bis zu fünf Milliarden Euro.
- Einen fingierten Unfall kann nur ein Gutachter oder eine Gutachterin beweisen. Zum Entlarven von Betrugsfällen werden unfallanalytische Gutachten und Simulationen des Unfallhergangs genutzt. Sind Sie in einen solchen Betrugsfall verwickelt, helfen Kfz-Versicherung und Rechtsschutzversicherung weiter.
Sieben Prozent der Kfz-Schäden sind manipuliert
Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weisen sieben Prozent aller Schadensfälle der Kfz-Haftpflichtversicherung typische Anzeichen einer Manipulation auf. "Häufig wird das Ausmaß des tatsächlichen Schadens nachträglich vergrößert oder bereits vorhandene Schäden werden erneut abgerechnet", erklärt Kathrin Jarosch, Pressesprecherin des GDV.
Darüber hinaus gebe es Unfälle, die mit Bekannten abgesprochen, vorgetäuscht oder vorsätzlich herbeigeführt sind. Besonders skrupellos seien die sogenannten "Autobumser". Sie verwickeln ahnungslose Fahrzeughalter und -halterinnen in einen Unfall, um dann Geld von der Versicherung zu kassieren.
Laut GDV entsteht durch Versicherungsbetrug in der Schadens- und Unfallversicherung ein jährlicher Schaden von rund vier bis fünf Milliarden Euro.
Typische Beispiele für manipulierte Autounfälle
Woran Sie einen provozierten Unfall erkennen
Der GDV und Stiftung Warentest haben Indizien gesammelt, die auf einen geplanten Unfall und Kfz-Versicherungsbetrug hinweisen. Diese acht Warnsignale deuten darauf hin, dass Betrüger:innen am Werk sein könnten:
- Gas geben: Ob Ausparken, Spurwechsel oder Linksabbiegen – oft fährt der oder die Betrüger:in zunächst bewusst langsam. Im letzten Moment gibt die Person Vollgas. Das Unfallopfer kann nicht mehr ausweichen.
- Handzeichen: Der oder die Betrüger:in gibt ein Handzeichen, um Vorfahrt zu signalisieren, dann beschleunigt er oder sie unerwartet. Später wird die Handbewegung bestritten oder der Fall so umgedeutet, dass Sie die Vorfahrt genommen hätten.
- Versteck: Auch hinter dem Häuschen für Einkaufswägen auf Parkplätzen von Supermärkten lauern Täter:innen gerne, um plötzlich aus ihrem Versteck hervorzuschießen und einen Unfall zu provozieren.
- Teures Auto: Der oder die Unfallauslöser:in fährt ein Auto der Oberklasse, das meist schon diverse Dellen aufweist. Wird der Fall gemeldet, attestiert der oder die Gutachter:in hohe Reparaturkosten.
- Alleinfahrer:in: Im Visier der Übeltäter:innen stehen insbesondere Kraftfahrer:innen, die alleine unterwegs sind. Besonders beliebt sind unerfahrene Fahranfänger und -anfängerinnen sowie ältere und ortsfremde Personen. Sie sind leichter zu verunsichern.
- Routiniertes Auftreten: Die gegnerische Person wirkt nach dem Crash ungewöhnlich ruhig und routiniert – als wäre ein Autounfall etwas ganz Alltägliches, das sie nicht aus der Ruhe bringt.
- Plötzliche Zeugen: Wie aus dem Nichts tauchen fremde Menschen auf, die den Unfallhergang bezeugen können oder sogar noch psychologischen Druck ausüben.
- Spuren entfernen: Der oder die Unfallgegner:in drängt, die Fahrzeuge sofort von der Straße zu fahren und beginnt unverzüglich, Unfallspuren wie Glasscherben oder Lacksplitter zu entfernen. Eine häufige Begründung lautet: "Damit andere Autofahrer nicht zu Schaden kommen." Möglicherweise möchte er oder sie aber nur Beweismittel verschwinden lassen.
Wie Sie sich nach einem verdächtigen Unfall richtig verhalten
Betroffene Kraftfahrer:innen können sich bei einem fingierten Unfall nur bedingt gegen den Betrug wehren. Denn die tatsächliche Beweislage kann nur ein oder eine Gutachter:in feststellen. Trotzdem können Sie dazu beitragen, den Zusammenstoß aufzuklären. Diese Tipps helfen, im Schadensfall richtig zu handeln – und am Ende nicht Opfer eines Auto-Versicherungsbetrugs zu werden:
- Rufen Sie die Polizei, wann immer Ihnen Zweifel kommen – selbst wenn die Polizei bei Bagatellschäden nicht anrücken müsste. Wichtig sind Angaben zum Unfallhergang: Hätte der oder die Unfallgegner:in bremsen oder ausweichen können? Hat er oder sie stattdessen beschleunigt?
- Sichern Sie Beweise! Nehmen Sie beide Unfallfahrzeuge genau unter die Lupe, bevor Sie sie von der Straße wegbewegen. Fotos aus allen Perspektiven vom eigenen sowie vom fremden Kfz sind als Beweise unverzichtbar. Nehmen Sie auch Bremsspuren und abgebrochene Autoteile auf, die auf der Fahrbahn liegen. Erstellen Sie nach Möglichkeit eine Unfallskizze.
- Räumen Sie danach schnellstmöglich die Straße.
- Notieren Sie Kfz-Kennzeichen, Name und Adresse des Unfallgegners oder der Unfallgegnerin. Lassen Sie sich am besten auch den Ausweis zeigen, sofern dieser nicht bereits von der Polizei geprüft wurde.
- Unterschreiben Sie kein Schuldanerkenntnis und lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Ihre Rechtsschutzversicherung hilft Ihnen bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche.
- Benachrichtigen Sie Ihre Kfz-Versicherung, wenn der Verdacht besteht, dass der Verkehrsunfall nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.
So werden Betrüger überführt
Egal, ob der Autoschaden in Deutschland oder im Ausland entsteht: Wenn Fahrer:innen vermuten, Opfer eines Kfz-Betrugs geworden zu sein, sollte der Vorfall umgehend der Versicherung gemeldet werden. Diese prüft mögliche Auffälligkeiten und erstellt bei Bedarf ein Rekonstruktionsgutachten.
Durch unfallanalytische Gutachten und Simulationen des Unfallhergangs gelingt es Unfallexperten und Unfallexpertinnen, Betrüger:innen zu überführen. Dabei werden unter anderem Kollisionswinkel gemessen, Höhe und Lage der Beulen verglichen und die tatsächliche Reaktionszeit errechnet. So kann die Versicherung nachweisen, ob die Schäden am Auto tatsächlich beim gemeldeten Unfall entstanden sind.
Welche Strafe droht bei Kfz-Versicherungsbetrug?
Ziel fingierter Autounfälle ist es, einen möglichst schweren Schaden herbeizuführen, um anschließend eine möglichst hohe Geldsumme bei der Kfz-Versicherung des angeblichen Unfallverursachers oder der angeblichen Unfallverursacherin abzugreifen. Da der oder die vermeintlich Geschädigte dabei falsche Tatsachen vortäuscht, handelt es sich um Betrug im Sinne des § 263 Strafgesetzbuch (StGB).
Darüber hinaus beeinträchtigt die Beschädigung oder Zerstörung der am Unfall beteiligten Fahrzeuge die Sicherheit des Straßenverkehrs. Daher ist bei Betrugsfällen meist auch der Tatbestand von § 315b StGB (Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr) erfüllt.
Bei Kfz-Versicherungsbetrug ist mit einer Geldstrafe oder Freiheitsentzug zu rechnen
Je nach Straffall erwartet Versicherungsbetrüger:innen eine hohe Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe sechs Monate bis zehn Jahre. Fallen die Straftatbestände von § 263 und § 315b StGB zusammen, erlässt das Gericht eine einheitliche, entsprechend höhere Strafe.
Wann verjährt die Strafe für Versicherungsbetrug?
Gemäß § 78 III Nr. 4 StGB beträgt die Verjährungsfrist bei Kfz-Versicherungsbetrug fünf Jahre. Kommt es innerhalb dieses Zeitraums nicht zur Anzeige, kann das Gericht den oder die Übeltäter:in nicht mehr für die Tat belangen. Bei Betrug unterbricht die Verjährung, sobald der oder die Beschuldigte polizeilich vernommen oder auch nur darüber informiert wird, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn oder sie läuft.
Das heißt: Vermuten Sie einen Auto-Versicherungsbetrug, sollten Sie den Verdacht unbedingt der Polizei melden. Nur so ist es möglich, den oder die Betrüger:in für die Straftat zur Rechenschaft zu ziehen.
Wer betrügt, verliert seinen Versicherungsschutz
Kann die Kfz-Versicherung einem oder einer Versicherungsnehmer:in betrügerische Absichten nachweisen, ist sie nicht verpflichtet, für den Unfallschaden aufzukommen. Der Betrug hat den sofortigen Verlust des Versicherungsschutzes zur Folge.
Darüber hinaus kann der Autoversicherer die durch den Schadensfall entstandenen Sachverständigen- und Gutachtenkosten von dem Versicherungsbetrüger oder der Versicherungsbetrügerin zurückfordern und Anzeige gegen ihn oder sie erstatten.
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