Allianz Erbfolge: Ein älteres Ehepaar steht auf einem Berg und blickt in die Ferne.
Wer erbt wieviel ohne Testament?

Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge ist ein im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 1924 bis 1936 BGB) beschriebenes System, das regelt, wie und zu welchen Anteilen Besitz (oder Schulden) einer verstorbenen Person an Kinder, Ehepartner oder andere Familienangehörige weitergegeben wird. Die gesetzliche Erbfolge wird angewendet, wenn der Verstorbene kein Testament verfasst hat. Aber auch ein Testament kann die Regeln der gesetzlichen Erbfolge nicht vollständig außer Kraft setzen. Familienmitglieder, die nach der gesetzlichen Erbfolge erben würden, haben, auch wenn sie im Testament nicht bedacht oder ausdrücklich enterbt wurden, Anspruch auf einen Pflichtteil am Erbe. Die gesetzliche Erbfolge wird umgangssprachlich auch als rechtliche Erbfolge, natürliche Erbfolge, automatische Erbfolge oder direkte Erbfolge bezeichnet.
Die Erbansprüche des überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners werden durch das Ehegattenerbrecht geregelt (§§ 1931 bis 1933 BGB). Vereinfacht kann man sagen, dass, wenn kein Ehevertrag andere Regelungen trifft (Zugewinngemeinschaft), der überlebende Ehepartner die Hälfte des Vermögens erbt. Sind keine Kinder, sondern nur Eltern, Geschwister oder Großeltern des Erblassers als Erben vorhanden, erbt der Ehepartner drei Viertel des Vermögens. Gibt es weder Kinder, Eltern, Geschwister noch Großeltern des Erblassers, erbt der Ehepartner das gesamte Vermögen. Der Erbteil des überlebenden Ehepartners bestimmt welcher Erbteil dann noch auf die Kinder verteilt wird.
Beispiel: Der Verstorbene hinterläßt seine Frau und zwei Kinder. Die Ehepartner haben in einer Zugewinngemeinschaft gelebt. Die Ehefrau erbt 1/2 (die Hälfte). Die andere Hälfte das Erbes geht zu gleichen Teilen an die beiden Kinder. Jedes Kind erbt 1/4 (ein Viertel).
Nach der gesetzlichen Erbfolge erben zuerst die Kinder des Erblassers, also seine direkten Nachkommen, und zwar zu gleichen Teilen. Gibt es Kinder, bilden sie zusammen mit dem Ehepartner die Erbengemeinschaft. Als Kinder im Sinne des Erbrechts gelten sowohl leibliche Kinder als auch adoptierte Kinder (Adoptivkinder). Nicht eheliche Kinder werden in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt, wenn die Vaterschaft nachgewiesen ist, entweder durch Anerkennung oder gerichtliche Feststellung. Nicht als Kinder im Sinne der gesetzlichen Erbfolge gelten Stiefkinder und Pflegekinder
Minderjährige werden in der gesetzlichen Erbfolge genauso behandelt wie alle anderen Erben. Sie sind voll erbfähig. Weil sie aber nicht voll geschäftsfähig sind, übernehmen meist die Eltern (als gesetzliche Vertreter) die Verwaltung des Erbes (§ 1626 BGB). Bei wichtigen Entscheidungen, wie z. B. dem Ausschlagen des Erbes für Minderjährige oder der Annahme eines schuldenbelasteten Erbes für einen Minderjährigen, ist eine Zustimmung des Familiengerichts nötig (§ 1643 BGB). Gibt es einen Interessenkonflikt, etwa weil auch die Eltern erben, kann das Gericht eine neutrale Person (Ergänzungspfleger nach § 1809 BGB) bestellen, die das Erbe im Sinne des Kindes begleitet und regelt.
Hat der Erblasser keine Kinder, erben die Eltern zu gleichen Teilen. Nur wenn Sie als Erblasser keine Kinder haben und auch keine Enkel oder Urenkel, die an Stelle Ihrer Kinder erben könnte, nur dann erben die Eltern. Diese Regelung ist sehr viel nachvollziehbarer für Menschen, die jung versterben und noch keine eigene Familie gründen konnten. Sie gilt aber auch für kinderlose Ehepaare oder Singles. Als Erblasser ohne Kinder sollten Sie bedenken, dass sich Ihr:e Ehepartner:in später in einer Erbengemeinschaft mit Ihren Eltern befinden wird oder Ihre Eltern Pflichtteilsansprüche haben werden.

Als Eltern im Sinne des Erbrechts (§ 1925 BGB) gelten die leibliche Mutter, die das Kind zur Welt gebracht hat, und der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war oder die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde (§ 1592 Abs. 2 und 3 BGB). Auch Adoptiveltern gelten als rechtliche Eltern nach dem gesetzlichen Erbrecht (§ 1754 BGB). Nicht als Eltern nach dem gesetzlichen Erbrecht gelten Pflegeeltern und Stiefeltern.
Stiefkinder und Stiefeltern sind nach der gesetzlichen Erbfolge nicht erbberechtigt, weil sie mit dem Erblasser nicht blutsverwandt sind. Nur wenn das Stiefkind adoptiert wurde (§ 1755 BGB), wird es rechtlich wie ein leibliches Kind behandelt und hat einen gesetzlichen Erbanspruch. Wenn Sie Ihr Stiefkind im Erbe bedenken wollen, müssen Sie das über ein Testament, ein Vermächtnis oder einen Erbvertrag tun. Alternativ sind vielleicht Schenkungen oder eine private Rentenversicherung zur Absicherung möglich.
Pflegekinder und Pflegeeltern erben nach der gesetzlichen Erbfolge nicht, weil sie nicht blutsverwandt sind. Nur wenn ein Pflegekind adoptiert wurde (§ 1755 BGB), wird es rechtlich wie ein leibliches Kind behandelt und hat einen gesetzlichen Erbanspruch. Wenn Sie Ihr Pflegekind bedenken wollen, müssen Sie das über ein Testament, ein Vermächtnis, einen Erbvertrag oder eine Schenkung tun. Beachten Sie dabei, dass Pflegekinder steuerlich wie nicht verwandte Personen behandelt werden und für Erbschaft und Schenkungen einen sehr geringen Steuerfreibetrag von nur 20.000 Euro haben (Stand 2025). 
Das Gesetz bezeichnet Kinder, und alle direkten Nachfahren der Kinder, als "Abkömmlinge" und "Erben der ersten Ordnung". Das System der Ordnungen (§§ 1924-1930 BGB) bildet die Abstufung der Erbansprüche ab: Erst wenn keine Erben der ersten Ordnung (Kinder, Enkel, Urenkel) vorhanden sind, erben Personen aus der zweiten Ordnung (Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen) und danach die der dritten Ordnung (Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen). Die jeweils nächste Ordnung wird nur berücksichtigt, wenn sich keine Personen als Erben finden lassen, die der Ordnung davor angehören.

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Ordnung im Erbrecht
Personen
Erben erster Ordnung Kinder (Enkel, Urenkel)
Erben zweiter Ordnung Eltern (Geschwister, Nichten, Neffen)
Erben dritter Ordnung Großeltern (Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen)
Erben vierter Ordnung Urgroßeltern (und deren Kinder)
Erben fünfter Ordnung Entfernte Vorfahren (und deren Kinder)
Ist ein möglicher Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben, erben seine direkten Nachfahren an seiner Stelle zu gleichen Teilen. Das Gleiche gilt, wenn ein Erbe das Erbe ausschlägt. Wenn Sie ein Erbe ausschlagen, betrifft dies nur Ihre eigene Erbposition und gilt nicht automatisch auch für Ihre Kinder oder Enkel. Im Gegenteil: Ihre direkten Nachfahren treten an Ihre Stelle und erben zu gleichen Teilen den Erbteil, den Sie ausgeschlagen haben.
Beispiel: Der Erbe hat drei Kinder. Ein Kind ist bereits verstorben. Das verstorbene Kind hatte selbst zwei Kinder (Enkel des Erblassers). In diesem Fall wird das Erbe wie folgt geteilt: Kind 1: 1/3, Kind 2: 1/3, Für das verstorbene Kind 3: Enkel 1: 1/6, Enkel 2: 1/6.
Man spricht von "Repräsentationsprinzip", wenn die direkten Nachkommen eines vorverstorbenen oder zurückgetretenen Erben zu jeweils gleichen Teilen an seine Stelle treten. So würden die Enkel an Stelle eines verstorbenen Kindes erben und die Urenkel an Stelle eines verstorbenen Enkels. Gibt es keine Kinder, gilt diese "Ersatzregelung" auch für die Eltern. Ist ein Elternteil bereits verstorben, erben zunächst die Geschwister des Erblassers an Stelle der Eltern und wenn es auch keine Geschwister gibt, dann die Onkel und Tanten.
Beispiel: Der Erbe hat keine Kinder aber zwei Brüder. Die Mutter ist bereits verstorben. In diesem Fall wird das Erbe wie folgt geteilt: Vater: 1/2, für die verstorbene Mutter: Bruder 1: 1/4, Bruder 2: 1/4.
Erben können eine Erbschaft entweder annehmen oder nach § 1942 BGB ausschlagen, also ablehnen. Weil nicht nur Vermögen, sondern auch Schulden vererbt werden, kann es sinnvoll sein, ein Erbe auszuschlagen. Damit die Ausschlagung eines Erbes gültig ist, muss sie schriftlich beim Nachlassgericht oder beim Notar innerhalb einer Frist von sechs Wochen erklärt werden (§ 1945 BGB). Wird ein Erbe nicht aktiv und fristgerecht ausgeschlagen, gilt es automatisch als angenommen. Eine Person, die ein Erbe ausschlägt, wird in der gesetzlichen Erbfolge grundsätzlich so behandelt, als wäre sie schon vor dem Erblasser verstorben (§ 1953 BGB). Hat die Person, die das Erbe ausgeschlagen hat, eigene Nachkommen, treten diese (nach der gesetzlichen Erbfolge) an ihre Stelle und können selbst entscheiden, ob sie das Erbe annehmen oder ebenfalls ausschlagen. Falls keine Nachkommen vorhanden sind, fällt der Erbteil (wieder nach der gesetzlichen Erbfolge) an die Eltern oder Geschwister. Wer ein Erbe ausschlägt, verliert in der Regel auch seinen Anspruch auf einen Pflichtteil am Erbe. Die Ausschlagung eines Erbes darf nicht verwechselt werden mit dem Erbverzicht.
"Enterben" bedeutet umgangssprachlich, dass der Erblasser in seinem Testament festlegt, dass eine Person weniger bekommt, als ihm oder ihr nach der gesetzlichen Erbfolge zustehen würde. Kinder, Ehepartner:innen und, falls es keine Kinder gibt, die Eltern haben immer Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn sie durch das Testament weniger erhalten als gesetzlich vorgesehen. Es ist also ein Irrtum zu glauben, man könne per Testament einfach bestimmen, dass jemand gar nichts erbt.
Ein vollständiges Enterben, also eine Entziehung des Pflichtteils, ist nur in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich. Trotzdem hat es Folgen, wenn man einen Erben im Testament ausdrücklich vom Erbe ausschließt: Die Person bekommt nur den Pflichtteil als Geldbetrag und gehört nicht zur Erbengemeinschaft. Sie kann also bei der Verteilung des Erbes nicht mitentscheiden. Wenn Sie in Ihrem Testament Pflichtteilsberechtigte enterben, sollten sie den tatsächlichen Erben genug Geld hinterlassen, um diese Pflichtteile auszuzahlen. Sonst müssen die Erben vielleicht Immobilien verkauft, um Pflichtteile ausbezahlen zu können.
Der Erbverzicht nach § 2346 BGB ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem noch lebenden Erblasser und einem Erbberechtigten, zum Beispiel einem Kind oder Ehepartner:in. Dabei verzichtet die erbberechtigte Person freiwillig auf das gesamte Erbe und damit auch auf ihren Pflichtteil am Erbe. Damit ein Erbverzicht gültig ist, muss er von einem Notar beurkundet werden und der Erbberechtigte sollte idealerweise eine Gegenleistung erhalten (zum Beispiel eine Abfindung). Die Höhe der Abfindung kann grundsätzlich frei vereinbart werden, darf aber nicht sittenwidrig niedrig sein, weil der Verzicht sonst anfechtbar oder unwirksam sein könnte (§ 138 BGB). Ein Erbverzicht kann nur rückgängig gemacht werden, wenn beide Seiten zustimmen oder der Verzicht durch Täuschung oder Drohung erzwungen wurde (§ 123 BGB). Der Verzicht gilt, wenn das nicht anders vereinbart wurde, auch für alle Kinder und Enkel der Person, die verzichtet hat (§ 2349 BGB). Erbverzicht darf nicht verwechselt werden mit Erbausschlagung.
Statt auf das gesamte Erbe zu verzichten kann ein Pflichtteilsberechtigter auch nur auf seinen Pflichtteil verzichten (§ 2346 BGB). Der Verzicht wird also auf den Pflichtteil beschränkt. Bei einem solchen Pflichtteilsverzicht kann die Person, die auf ihren Pflichtteil verzichtet hat immer noch nach Testament erben.
Erhalten Kinder, Ehepartner:innen oder, falls der Erblasser keine Kinder hat, die Eltern durch ein Testament weniger als ihren gesetzlichen Erbteil, steht ihnen nach § 2303 BGB ein Pflichtteil am Erbe zu. Der Pflichtteil am Erbe beträgt die Hälfte des Erbteils nach der gesetzlichen Erbfolge. Für das Anrecht auf den Pflichtteil ist es unerheblich, ob sie durch ein Testament ausdrücklich enterbt wurden oder zum Beispiel durch die Einsetzung eines Alleinerben unter Geschwistern übergangen oder schlechter gestellt werden. Ein Pflichtteilsanspruch gilt nur für Ehepartner:innen, Kinder (sowie deren Nachkommen) und, falls der Erblasser keine Kinder hat, die Eltern. Geschwister und Großeltern haben, auch wenn sie nach der gesetzlichen Erbfolge erben können, keinen Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn der Erblasser sie im Testament nicht bedenkt.
Die Höhe des Pflichtteils am Erbe beträgt nach § 2303 BGB die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Pflichtteil und gesetzlicher Erbteil sind aber zwei verschiedene Konzepte und müssen getrennt betrachtet werden. Der gesetzliche Erbteil eines Erben kann sich verändern, wenn andere Erben zum Beispiel auf ihr Erbe verzichten. Der Pflichtteil dagegen ist nur ein Geldbetrag. Er wird einmal anhand der ursprünglichen Verwandtschaftsverhältnisse und der Anzahl der Erben festgelegt und bleibt dann unverändert, egal, wie sich die Erben verhalten. Um den Erbteil festzustellen, werden nach § 2310 BGB auch alle Erben berücksichtigt, die das Erbe ausgeschlagen haben, durch ein Testament enterbt wurden oder für erbunwürdig erklärt wurden. Nur Erben, die vertraglich durch Erbverzicht oder Pflichtteilsverzicht auf ihren Pflichtteil verzichtet haben, werden tatsächlich aus der Berechnung des Pflichtteils ausgenommen.
Pflichtteilsberechtigte müssen ihren Anspruch auf den Pflichtteil gegenüber der Erbengemeinschaft, zu der sie nicht gehören, aktiv geltend machen. Der Anspruch auf den Pflichtteil ist ein Geldanspruch. Pflichtteilsberechtigte haben kein Mitspracherecht bei der Abwicklung des Erbes. Die Erben müssen die Pflichtteile auszahlen, auch wenn das bedeutet, dass danach nichts mehr vom Erbe übrigbleibt oder Vermögenswerte verkauft werden müssen, um das Geld für die Pflichtteile aufzubringen.
Nicht nur das Vermögen zum Zeitpunkt des Todes, sondern auch Schenkungen, die der Erblasser schon Jahre vorher gemacht hat, müssen bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden. Um zu verhindern, dass Pflichtteilsberechtigte durch Schenkungen benachteiligt werden, sieht § 2325 BGB den sogenannten „Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen“ vor. Schenkungen werden dabei fiktiv zum Nachlass wieder hinzugerechnet, das heißt, es wird so getan, als wären sie noch Teil des Erbes. Der Pflichtteil wird dann auf Grundlage des gesamten Vermögens einschließlich aller Schenkungen berechnet. Jeder Pflichtteilsberechtigte hat damit auch an früheren Schenkungen einen Anspruch im Verhältnis seines Pflichtteils. Dazu ein Beispiel.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch reduziert sich mit jedem Jahr, das seit einer Schenkung vergangen ist, um 10 % (Abschmelzungsmodell oder Pro-rata-temporis-Prinzip). War die Schenkung im Jahr vor dem Tod, wird sie voll zum Nachlass hinzugerechnet. Ab dem zweiten Jahr verringert sich der anrechenbare Wert um 10 % pro Jahr. Schenkungen, die mehr als 10 Jahre zurückliegen, werden nicht zum Nachlass gezählt.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch verjährt nach 3 Jahren und muss gegenüber der Erbengemeinschaft aktiv eingefordert werden. Erben sind verpflichtet, den Anspruch aus dem Erbe auszuzahlen, auch wenn sie selbst nicht beschenkt worden sind oder das Geld aus den Schenkungen nicht zurückholen können. Haben die Erben nicht genug Geld, kann der Pflichtteilsberechtigte versuchen seinen Anspruch vom Beschenkten einzufordern.
Hat ein Erbe vom Erblasser zu Lebzeiten schon eine Schenkung erhalten, zu der vom Erblasser ausdrücklich bestimmt wurde, dass sie auf den Pflichtteil angerechnet werden sollen, dann gilt das auch, und sein Pflichtteil wird um die Schenkung reduziert. Eine solche Anrechnung auf den Pflichtteil nach § 2315 BGB hat dann für die anderen Erben möglicherweise wieder einen Pflichtteilsergänzungsanspruch zur Folge.
Beispiel: Der Erblasser hat zwei Töchter und hinterlässt 400.000 Euro. Beiden Töchtern werden vom Erbe ausgeschlossen, ihnen steht aber ein Pflichtanteil von jeweils 100.000 Euro zu. Erbe zu gleichen Teilen und davon die Hälfte als Pflichtteil. Im Jahr seines Todes hat der Erblasser Tochter A 100.000 Euro geschenkt und verfügt, dass dieses Geld auf den Pflichtteil angerechnet werden muss. Tochter A muss sich die Schenkung auf ihren Pflichtteil von 100.000 Euro voll anrechnen lassen. Ihr steht im Erbfall kein Pflichtteil am Erbe mehr zu. Sie hat ihn im Rahmen der Schenkung bereits erhalten. Tochter B kann, wegen der Schenkung, gegenüber der Erbengemeinschaft eine Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen. Das Erbe wird virtuell um die Schenkung von 100.000 Euro erhöht und mit 500.000 Euro angesetzt. 500.000 zu gleichen Teilen sind 250.000 Euro, und davon die Hälfte für den Pflichtteil sind 125.000 Euro. Tochter B hat damit einen Pflichtteilsergänzungsanspruch von zusätzlichen 25.000 Euro.
Nur in ganz wenigen, schweren Ausnahmefällen kann der Erblasser verfügen, dass ein Pflichtteilsberechtigter gar nichts erben wird, also auch keinen Pflichtteil bekommt. Gründe dafür sind in § 2333 BGB geregelt und müssen schwerwiegend sein. Wenn der Pflichtteilsberechtigte zum Beispiel versucht hat, den Erblasser zu töten oder schwere Verbrechen gegen ihn oder seine Familie begangen hat. Als Zusammenfassung für diese schwerwiegenden Gründe zur Pflichtteilsentziehung wird manchmal von "grobem Undank" gesprochen. Dieser Oberbegriff ist irreführend, weil es so klingt, als könnte man einem Erben den Pflichtteil schon dann entziehen, wenn er einfach nicht brav und dankbar war. Das ist jedoch absolut nicht der Fall. Verhalten wie zum Beispiel ein Kontaktabbruch sind kein Grund für eine Pflichtteilsentziehung. Es steht Ihnen als Erblasser aber frei, einem Kind, das sich nicht um Sie gekümmert hat, über ein Testament gar nichts oder weniger zu vererben, als ihm nach der gesetzlichen Erbfolge zustehen würde. Das Kind hat dann aber trotzdem ein Anrecht auf einen Pflichtteil am Erbe. Eine Pflichtteilsentziehung muss im Testament niedergeschrieben und begründet sein. Ist der Grund nachvollziehbar und beweisbar, sind die Erben verpflichtet, den Entzug des Pflichtteils umzusetzen.
Stellt sich heraus, dass ein möglicher Erbe versucht hat, den Erblasser zu töten oder zu erpressen, um an sein Erbe zu kommen, oder stellen die Erben fest, dass einer von ihnen ein Testament gefälscht oder unterschlagen hat, dann kann das Gericht diese Person (neben anderen strafrechtlichen Folgen) für erbunwürdig erklären (nach § 2339 BGB). Erbunwürdigkeit muss vom Gericht bestimmt werden. Ist eine Person erbunwürdig, wird sie vom Erbe vollständig ausgeschlossen und erbt nicht, auch keinen Pflichtteil.
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