Neues Gesetz: Arbeitszeit muss systematisch erfasst werden

(29.09.2022) Ein überraschender Paukenschlag: Arbeitgeber sind von nun an verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden systematisch und lückenlos zu erfassen. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit einem Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vom Mai 2019 entschieden. Grund dafür seien vor allem die seit Jahren ausufernden Überstunden am Arbeitsmarkt. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll ab sofort gelten – konkrete Pläne für die Umsetzung liegen allerdings noch nicht vor.
Das neue Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts soll künftig für mehr Arbeitsschutz sorgen. Unter anderem soll verhindert werden, dass sich Überstunden weiterhin in einem bedenklichen Ausmaß anhäufen können. Bereits im Mai 2019 hatte der EuGH alle EU-Mitgliedstaaten dazu angehalten, effektive Maßnahmen für eine vollständige Zeiterfassung von Arbeitnehmern zu ergreifen. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil bemerkt, wurde diese Vorgabe hierzulande noch nicht ausreichend vom Gesetzgeber beachtet. Bislang sah das deutsche Arbeitszeitgesetz lediglich vor, dass Überstunden und Sonntagsarbeit aufgezeichnet werden müssen, die gesamte Realarbeitszeit jedoch nicht. Schon seit Längerem kritisieren Gewerkschaften, dass dies nur dann sinnvoll umzusetzen sei, wenn auch die Arbeitszeit unter acht Stunden erfasst werde.

Viele fürchten bereits jetzt die Rückkehr zur Stechuhr und das Ende der Vertrauensarbeitszeit. Wie die neue Regelung in der Praxis berücksichtigt werden soll, steht allerdings noch zur Diskussion. Auch über Ausnahmen oder Sonderregelungen ist man sich noch im Unklaren. Fest steht jedenfalls, dass Arbeitgeber bei der Zeiterfassung auf elektronische und digitale Mittel zurückgreifen dürfen – die herkömmliche Stechuhr muss also nicht das Mittel der Wahl sein. Die Vertrauensarbeitszeit, wie sie bislang üblich ist, wird unter den neuen Rahmenbedingungen jedoch definitiv schwieriger zu gestalten sein.

Welche Daten im Detail erfasst werden müssen, lässt das Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts ebenfalls noch offen. Orientiert man sich jedoch an den bislang geltenden Regelungen zur Arbeitszeiterfassung bei Minijobbern, so kommen Beginn, Ende und Gesamtdauer der Arbeit infrage.

Obwohl noch kein Bußgeld für Verstöße vorgesehen ist, sollten sich Arbeitgeber schon jetzt Gedanken machen, wie sie die neuen Vorschriften umsetzen können. Andernfalls könnte ihnen die Beweislast zufallen, sollte es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit Angestellten hinsichtlich der Arbeitszeit kommen.
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