Wie sind Überstunden gesetzlich geregelt?
Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Mehrarbeit?
- Überstunden sind die Zeit, die Sie über die vertraglich festgelegte Zeit hinaus arbeiten.
- Von Mehrarbeit spricht der Gesetzgeber, wenn die gesetzliche oder tarifliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.
Wann darf mein Arbeitgeber Überstunden anordnen?
Meist enthalten Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen Klauseln, die zusätzliche Arbeitsstunden regeln. Dort legen beide Parteien fest, wie viele Überstunden Ihre Chefin oder Ihr Chef verlangen darf, wann diese zu leisten sind und wie sie ausgeglichen werden. In Unternehmen mit Betriebsrat handelt dieser stellvertretend für die Mitarbeitenden die Regelungen zu Überstunden mit dem Unternehmen aus und legt sie in der Betriebsvereinbarung fest.
Gilt in Ihrem Unternehmen ein Tarifvertrag, dann liegen je nach Vertrag häufig Überstunden vor, wenn für Mehrarbeit nicht bis zum Ende der folgenden Woche ein Freizeitausgleich stattfindet. Für Überstunden können im Tarifvertrag Zuschläge vorgesehen sein, für Mehrarbeit nicht. Sobald Sie Ihren Arbeitsvertrag unterzeichnen, stimmen Sie auch den jeweils für das Unternehmen geltenden Vereinbarungen zu.
Nur in Notsituationen dürfen Betriebe ausnahmsweise ohne Ihre Zustimmung Überstunden anordnen. Unter Notsituation versteht die Gesetzgebung allerdings nicht die eine wichtige Bestellung, die unbedingt noch am Freitagabend bearbeitet werden muss, wenn die Kollegen und Kolleginnen schon im Wochenende sind. Notfälle oder außergewöhnliche Fälle liegen laut § 14 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) vor, "[…] wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen."
Beispiele für Notsituationen: Ihre Vorgesetzten können Überstunden anordnen, wenn beispielsweise ...
- eine Lieferung mit verderblichen Lebensmitteln verspätet eintrifft und das Ausladen nicht warten kann, weil die Ware gekühlt werden muss.
- es im Betrieb zu einem Wasserrohrbruch kam und der Schaden beseitigt werden muss, damit die Produktion nicht stillsteht.
Wie viele Überstunden sind erlaubt?
Wie lange Arbeitnehmer maximal arbeiten dürfen, ist in § 3 des Arbeitszeitgesetzes festgelegt: Grundsätzlich darf die reguläre Arbeitszeit pro Werktag acht Stunden nicht überschreiten, also höchstens 48 Stunden in sechs Werktagen. Die Arbeitszeit darf auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, dann muss allerdings innerhalb der nächsten sechs Monate ein entsprechender Freizeitausgleich stattfinden.
In Tarifverträgen können andere Ausgleichszeiträume oder Ausnahmen festgelegt werden. Laut § 7 Absatz 1 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) darf die Arbeitszeit per Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung sogar über zehn Stunden hinaus verlängert werden, wenn ein Teil dieser Zeit Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst enthält.
Ob Sie Überstunden machen oder nicht – gesetzliche Pausenzeiten schreibt das Arbeitszeitgesetz vor:
- Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden müssen Sie mindestens 30 Minuten Pause einkalkulieren.
- Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden schreibt das Gesetz 45 Minuten Pause vor.
In Betrieben mit elektronischer Arbeitszeiterfassung zieht das System die Pausen in der Regel automatisch ab.
Für Angestellte, die im Homeoffice oder mobil arbeiten, gelten im Übrigen dieselben Regelungen bei Arbeits-, Pausen- und Ruhezeiten wie im Betrieb oder Unternehmen selbst. Das Arbeitszeitgesetz ist gerade im Hinblick auf die tägliche Höchstarbeitszeit einzuhalten und schließt auch Überstundenregelungen mit ein. Grundsätzlich muss die eigene Arbeitszeit im Homeoffice genauso transparent erfasst werden wie bei einer Tätigkeit vor Ort. So können auch Überstunden im Homeoffice erfasst und entsprechend der jeweiligen vertraglichen Regelung ausgeglichen werden.
Muss mein Arbeitgeber Überstunden zulassen?
Das leistet die Allianz
Rechte besonderer Beschäftigungsruppen
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Jugendliche Arbeitnehmer:innen
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Schwangere und stillende Mütter
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Schwerbehinderte Menschen
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Teilzeitkräfte
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Leitende Angestellte
Jugendliche Arbeitnehmer:innen
Schwangere und stillende Mütter
Für volljährig werdende und stillende Mütter gelten laut § 4 Abs. 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) zu ihrem Schutz folgende Vorgaben: Sie dürfen täglich nicht länger als achteinhalb Stunden und an zwei aufeinanderfolgenden Wochen nicht mehr als 90 Stunden arbeiten.
Für nicht volljährige Mütter gilt: Minderjährige dürfen maximal acht Stunden pro Tag arbeiten oder 80 Stunden in zwei Wochen.
Schwerbehinderte Menschen
Das neunte Buch des Sozialgesetzbuchs überlässt schwerbehinderten Arbeitnehmer:innen in § 207 (SGB IX) bezüglich Überstunden die Entscheidung: "Schwerbehinderte Menschen werden auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt."
Das bedeutet: Wenn Vorgesetzte schwerbehinderte Angestellte bitten, statt der sonst üblichen sieben Stunden am Tag noch eine Stunde länger zu bleiben, wäre das keine Mehrarbeit. Die liegt erst bei mehr als acht Stunden pro Arbeitstag vor. Eine Schwerbehinderung setzt einen Grad der Behinderung von mindestens 50 voraus.
Teilzeitkräfte
Vorsicht: Werden viele Überstunden über einen längeren Zeitraum zur Regel, kann dies eine stillschweigende Änderung Ihres Arbeitsvertrags zur Folge haben. Aus der vorherigen Teilzeitstelle wird dann durch die stillschweigende Übereinkunft beider Parteien eine Vollzeitstelle.
Leitende Angestellte
Ausgleich von Überstunden
Sind Überstunden mit dem Gehalt abgegolten?
Sind unbezahlte Überstunden zulässig?
Überstunden auszahlen lassen – wie berechne ich sie?
Überstunden werden in der Regel mit dem regulären Stundenlohn vergütet und entsprechend versteuert. Die Berechnung der Überstundenvergütung hängt davon ab, ob Sie einen Stundenlohn oder ein festes monatliches Gehalt bekommen:
- Im Fall eines Stundenlohns werden die Überstunden einfach addiert.
- Bei einem monatlichen Festgehalt müssen Sie erst Ihren Stundenlohn ermitteln:
3 x Ihr Monatslohn (brutto) / 13 / Anzahl Ihrer wöchentlichen Arbeitsstunden = Stundenlohn (brutto)
Zum Beispiel:
3 x 3.000 Euro (brutto) / 13 / 40 = 17,31 Euro Stundenlohn
Überstundenzuschläge
In manchen Betrieben gibt es zusätzlich zum regulären Stundenlohn für geleistete Überstunden auch noch Überstundenzuschläge. Der genaue Zuschlagssatz ist im jeweiligen Tarif- oder Arbeitsvertrag beziehungsweise in der Betriebsvereinbarung festgelegt. Je nach Tarifgebiet, Anzahl der Überstunden sowie Tageszeit liegt der Zuschlag zwischen 15 und 40 Prozent. An Sonn- und Feiertagen gilt in der Regel ein höherer Zuschlag.
In einigen Branchen oder Unternehmen können spezifische Regelungen und abweichende Zuschlagssätze gelten. Im öffentlichen Dienst beispielsweise sind es je nach Entgeltgruppe zwischen 15 und 30 Prozent. Überstundenzuschläge sind sowohl steuer- als auch sozialabgabenpflichtig. Für Überstunden an Sonn- und Feiertagen ist unter Umständen eine Steuerbefreiung möglich.
Was ist, wenn Überstunden nicht abgebaut werden können?
Arbeitszeitgesetz: EU-Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Die Regelung bedeutet:
- Arbeitnehmer:innen müssen Ihre tägliche Arbeitszeit erfassen. Dazu zählen Arbeitsbeginn, Pausen, Ende der Arbeitszeit und damit natürlich auch Überstunden.
- Arbeitgeber müssen dafür ein entsprechendes System bereitstellen, dürfen jedoch entscheiden, in welcher Form die Zeiterfassung stattfindet. Noch darf die Zeiterfassung in Papierform erfolgen.
- Vertrauensarbeitszeiten wird es weiterhin geben. Arbeitnehmer:innen können ihre Zeit also weiterhin selbst erfassen.
- Leitende Angestellte sind von der Arbeitszeiterfassung ausgenommen.
Wichtiger Hinweis für Angestellte im Homeoffice: Nicht alle Systeme zur Zeiterfassung sind mit Heimarbeit oder auch Fernarbeit beim hybriden Arbeiten kompatibel. Elektronische Zeiterfassungsgeräte wie Stempeluhren funktionieren ebenso wenig wie Zeiterfassungsprotokolle in Papierform. Diese müssen aus rechtlichen Gründen im Unternehmen verbleiben.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Überstunden
Was tun, wenn Vorgesetzte ständig Überstunden verlangen?
Was passiert mit Überstunden bei einer Kündigung?
Wenn das Arbeitsverhältnis endet, ist Ihre Firma verpflichtet, Ihnen die Überstunden auszuzahlen oder als freie Tage vor dem Ausscheiden zu gewähren. Egal, wer die Kündigung ausgesprochen hat. Spezifische Regelungen dazu stehen meist im Arbeits- oder Tarifvertrag. Falls die entsprechende Klausel fehlt, müssen Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber einigen.
Bei fristlosen Kündigungen werden angefallene Überstunden vergütet. Ein Freizeitausgleich ist dann nicht möglich.
Können Überstunden verfallen?
Einfach verfallen können Überstunden nicht – auch nicht nach einer Kündigung. Laut § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verjähren Ansprüche im Allgemeinen erst nach drei Jahren. Somit auch der Anspruch auf Vergütung von Überstunden.
Prüfen Sie allerdings Ihren Arbeits- oder Tarifvertrag, denn dort können anderslautende Vereinbarungen stehen: Der Betrieb darf den Ausgleich von Überstunden befristen, sodass die Stunden nach Ablauf der Ausschlussfrist verfallen. Diese Frist muss laut Bundesarbeitsgericht mindestens drei Monate betragen.