Urlaub machen trotz Krankschreibung
- Trotz Krankschreibung in den Urlaub zu fahren ist in vielen Fällen erlaubt, wenn er Ihrer Genesung nicht hinderlich ist.
- "Man muss sich lediglich so verhalten, dass man möglichst bald wieder gesund wird – die Krankheit sich also nicht verschlimmert oder verlängert", erklärt Fachanwalt für Arbeitsrecht Jochen Grünhagen.
- Sie müssen den Urlaub weder Ihrem Chef oder Ihrer Chefin noch Ihrer Krankenkasse melden, sofern sie weniger als sechs Wochen krankgeschrieben sind und die Lohnfortzahlung von Ihrem Arbeitgeber bekommen.
- Mit dem Rechtsschutz der Allianz sind Sie im Falle eines Rechtstreits gut abgesichert. Die telefonische Rechtsberatung ist in allen Tarifen mit inbegriffen.
Urlaub trotz Krankschreibung: Verstoß gegen Arbeitsrecht?
1. Urlaub dient der Genesung: Kein Verstoß
Falls Sie sich für Urlaub trotz Krankschreibung entscheiden, sollte also der Erholungszweck im Vordergrund stehen. Schließlich hilft Urlaub in manchen Fällen erwiesenermaßen, Krankheiten zu lindern. „Wenn Sie etwa eine Atemwegserkrankung haben, kann es sinnvoll sein, in die Berge oder ans Meer zu fahren. Dann ist der Urlaub auch kein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten", erklärt der Münchner Fachanwalt. Auch bei einer psychischen Erkrankung wie einer Depression kann ein Urlaub der Gesundheit dienen und die Luftveränderung unter Umständen helfen. Grundsätzlich muss man seinem Arbeitgeber nicht mitteilen, wenn man während eines Urlaubs den Wohnort verlässt. Für den Notfall sollte es ihm aber möglich sein, Sie zu erreichen.
Krankengeldanspruch während des Urlaubs: Wer als Arbeitnehmer:in mehr als sechs Wochen krank ist, darf dennoch Urlaub im EU-Ausland machen und weiter sein oder ihr Krankengeld bekommen: Das hat das Bundessozialgericht im Fall eines Gerüstbauers geurteilt (Az.: B 3 KR 23/18 R). Die Krankenkasse darf bei einem Urlaub ins Ausland nicht einfach die Zahlung einstellen.
2. Urlaub hindert die Genesung: Kündigung möglich
Wenn hingegen der Urlaub Ihrer Genesung entgegenstehen könnte, müssen Sie ihn absagen. Sonst kann es, falls Ihr:e Chef:in davon erfährt, weitreichende Folgen haben. „Wie so oft kommt es hier auf den Einzelfall an“, weiß Fachanwalt Grünhagen. Angenommen, Sie fahren mit einer akuten Grippe zum Snowboarden, ist es eigentlich klar, dass Sie sich nicht schonen und Ihre Krankheit auskurieren. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen Kurzurlaub in der Umgebung handelt oder eine langfristig geplante Urlaubsreise ins Ausland. Ein solches Verhalten kann Grund zur Abmahnung oder sogar – bei Wiederholung oder in gravierenden Fällen – zur fristlosen Kündigung sein. Dies gilt für alle Berufsgruppen – ganz gleich, ob Beamtin oder Handwerker.
Noch klarer ist der Fall, wenn Sie eine Krankheit simulieren, um in den Urlaub zu fahren. Dies ist nicht nur ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, sondern sogar strafbar, weil dem Arbeitgeber die Voraussetzungen für Entgeltfortzahlung, also Lohn ohne Arbeit, vorgetäuscht werden. „Es liegt dann Betrug vor, was regelmäßig eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann“, warnt der Experte für Arbeitsrecht.
Falls Ihr Arbeitgeber Ihnen Fehlverhalten beim Thema Urlaub vorwirft, kann Ihnen eine Rechtsschutzversicherung helfen. Wichtig ist, dass Sie diese nicht erst dann abschließen, wenn eine Abmahnung oder Kündigung bereits im Raum steht. Sie muss vorher gelten.
3. Überprüfung der Krankmeldung
Der private Arbeitgeber hat in der Regel keine Möglichkeit, die Angaben seines Mitarbeiters oder seiner Mitarbeiterin zur vorliegenden Erkrankung zu überprüfen. Die Krankenkassen allerdings können nach § 275 SGB V (Sozialgesetzbuch - Fünfter Teil) bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einholen. Veranlassung für eine solche Untersuchung besteht immer dann, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin beseitigt werden sollen.
Solche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit drängen sich nach § 275 Abs. 1a SGB V auf, wenn Versicherte auffällig häufig oder immer während des Urlaubs arbeitsunfähig geschrieben sind oder die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt oder einer Ärztin festgestellt worden ist, der oder die durch die Häufigkeit der von ihm oder ihr ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.
Im Öffentlichen Dienst sehen Regelungen in den Tarifverträgen vor, dass der Arbeitgeber „ bei begründeter Veranlassung berechtigt“ ist, vom Arbeitnehmer oder von der Arbeitnehmerin eine Untersuchung durch einen Amtsarzt bzw. eine Amtsärztin oder das Gesundheitsamt zu verlangen, um die Frage seiner Arbeitsfähigkeit zu klären, so z.B. § 3 Abs. 4 TVöD.
Das sollten Sie beachten, wenn Sie im Urlaub krank werden
Ist es möglich, den Urlaub später nachzuholen?
„Der Urlaub dient der Erholung, diese setzt in der Regel nicht ein, wenn Sie krank sind“, erklärt der Münchner Anwalt für Arbeitsrecht. „Werden Sie während Ihres Urlaubs krank oder verletzen Sie sich, können Sie ihn später nachholen.“ Die Anzahl der Tage, die Sie krank sind, werden nach § 9 des Bundesurlaubsgesetzes nicht von Ihrem Urlaubsanspruch abgezogen und Sie können Ihren Urlaub nachholen, wenn Sie wieder gesund sind. Eine Urlaubsabgeltung, also eine Auszahlung ihrer Urlaubstage, ist im Falle einer Krankheit in der Regel nicht möglich.
Nachweispflicht: Attest vom Arzt bzw. von der Ärztin
Wichtig ist dafür allerdings, dass Sie sich die Krankheit mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigen lassen, also auch, wenn Sie sich im Ausland befinden, zum Arzt oder zur Ärztin gehen. Eine Diagnose oder Mitteilung erst nach der Rückkehr reicht nicht aus. Laut Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 5 Abs. 2) müssen Sie Ihren Arbeitgeber umgehend informieren und ihm auch Ihre Urlaubsadresse nennen. Der Gesetzgeber hat diese zusätzlichen Pflichten bei Erkrankungen im Ausland aufgenommen, da Unternehmen hier regelmäßig keine Möglichkeit haben, die Angaben des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin nachzuprüfen und weil verstärkter Missbrauch befürchtet wurde.
Generell gelten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Ärzten und Ärztinnen im Ausland als gleichrangig mit denen von deutschen Ärzten und Ärztinnen. Wenn es im Urlaubsland kein entsprechendes Formular gibt, können Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin am Urlaubsort von seiner Schweigepflicht entbinden und um eine formlose Bescheinigung bitten.
Wichtig: Eine formlose Bescheinigung ersetzt nur dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wenn daraus eindeutig hervorgeht, dass der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin Sie tatsächlich für arbeitsunfähig hält. Andernfalls reicht die Bescheinigung nicht aus und der Arbeitgeber muss diese nicht akzeptieren. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Az. 5 AZR 499/96).
In jedem Falle ist es zu empfehlen, bei einer Auslandsreise nicht auf eine Reisekrankenversicherung zu verzichten. Diese deckt die Mehrkosten ab, die die gesetzliche Krankenversicherung im Ausland nicht übernimmt.
Zahlt die Versicherung im Krankheitsfall?
Krankheit und Urlaub – das Thema ist auch aus Versicherungssicht relevant. Hier ein Kurzüberblick:
- Eine Reiserücktrittsversicherung übernimmt die Kosten, wenn Sie – etwa aus Krankheitsgründen – einen Urlaub nicht antreten können. Nach Antritt der Reise aber greift sie nicht mehr. Dann braucht es eine Reiseabbruch-Versicherung. Sie springt ein, wenn Sie aufgrund einer unterwegs auftretenden schweren Erkrankung Ihre Reise nicht fortsetzen können. Wichtig zu wissen: Wenn man die Reise bereits krank angetreten hat, dann ist eine Verschlechterung der Erkrankung im Rahmen der Reiseabbruch-Versicherung nicht versichert.
- Die Reisekrankenversicherung schützt Sie auf Auslandsreisen vor unvorhersehbaren Behandlungskosten. Sie springt dann ein, wenn eine Erkrankung „akut“ auftritt. Auch chronische Leiden, die im Urlaub plötzlich wieder auftreten, sind versichert – wenn denn eine direkte Behandlung notwendig ist. Falls Sie aber vor Urlaubsantritt bereits krank waren und nun auf Reisen weitere Nach- oder Kontrolluntersuchungen fällig werden, zahlt eine Reise-Krankenversicherung nicht.
- Sollten Sie wegen eines Krankheitsfalls im Urlaub in arbeitsrechtliche Streitigkeiten mit Ihrem Arbeitgeber geraten, hilft Ihnen die Rechtsschutzversicherung. Die Allianz Rechtsschutzversicherung bietet Ihren Versicherten eine kostenlose rechtliche Erstberatung des Falles an. Egal, ob Ihr Fall versichert ist oder nicht.