- Sie können ein schlechtes Arbeitszeugnis anfechten, wenn dieses inhaltliche oder formale Fehler enthält oder wenn Sie mit der Leistungsbewertung nicht einverstanden sind.
- Sie haben nach jeder Kündigung einen gesetzlichen Anspruch auf ein wohlwollendes und wahres Arbeitszeugnis. Offene Negativkritik ist darin nicht erlaubt.
- Bevor Sie über eine Zeugnisberichtigungsklage vor Gericht nachdenken, sollten Sie zunächst das klärende Gespräch mit Ihren Vorgesetzten suchen.
- Eine gesetzliche Frist für das Anfechten eines Arbeitszeugnisses existiert nicht. Gerichte akzeptieren Klagen aber üblicherweise nur circa sechs Monate nach Beschäftigungsende.
- Der Allianz Rechtsschutz hilft Ihnen, Ihre Ansprüche durchzusetzen: Streitigkeiten rund um das Arbeitszeugnis sind im Arbeits-Rechtsschutz mitversichert.
Arbeitszeugnis anfechten

Arbeitszeugnis anfechten: Das Wichtigste in Kürze
Arbeitszeugnis: Rechtliche Ansprüche

Wer Erfolge und ein vorbildliches Verhalten von seinem alten Arbeitgeber bescheinigt bekommt, der ist bei der Jobsuche gegenüber Mitbewerbern und Mitbewerberinnen klar im Vorteil. Personalverantwortliche wissen schließlich ganz genau, auf welche Formulierungen es ankommt.
In der Regel lohnt sich daher eine Anfechtung des Arbeitszeugnisses, wenn Sie mit der Leistungsbewertung nicht einverstanden sind oder wenn das Zeugnis inhaltliche oder formale Fehler aufweist. Lesen Sie Ihr Zeugnis deshalb genau durch und achten Sie zum Beispiel auf folgende Punkte:
- Grundsätzliche Fehler: Werden zum Beispiel falsche Angaben zu Ihrer Person oder Ihrer Tätigkeit im Unternehmen gemacht?
- Inhaltliche Lücken: Werden beispielsweise wichtige Projekte, an denen Sie mitgewirkt haben, nicht erwähnt?
- Negativ- oder Passivformulierungen: Derartige Konstruktionen deuten häufig auf das fehlende Engagement des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin hin. Zum Beispiel "Sein/Ihr Verhalten gab keinen Anlass zur Beanstandung" oder "Ihm/Ihr wurden folgende Aufgaben übertragen".
- Widersprüchliche Aussagen: Werden Sie beispielsweise für Ihre herausragenden Leistungen in bestimmten Projekten gelobt, bekommen dann aber in der Gesamtbewertung nur die Note 3 ("zur vollen Zufriedenheit")?
- Textlänge: Ist Ihr Arbeitszeugnis eher ausführlich oder umfasst es nicht einmal eine DIN-A4-Seite?
Welche formalen und inhaltlichen Anforderungen muss das Arbeitszeugnis erfüllen?
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, in dem Angaben über Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis enthalten sind, muss unabhängig von der inhaltlichen Gestaltung bestimmte formale Kriterien erfüllen. Andernfalls können Sie dieses anfechten und den Arbeitgeber zu einer Nachbesserung auffordern. Der Aufbau eines aussagekräftigen Zeugnisses sollte wie folgt aussehen:
- Briefkopf mit den Daten des Arbeitgebers
- Daten des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin (Name, Geburtsdatum, Adresse)
- Tätigkeitsbeschreibung
- Leistungsbewertung (Fachkompetenz und Arbeitsweise)
- Verhaltensbewertung gegenüber Kollegen, Kolleginnen und Vorgesetzten
- Grund für Beendigung des Arbeitsverhältnisses (optional)
- Schlussformel (optional)
- Datum und Unterschrift der Vorgesetzten
Außerdem haben Sie ein Recht darauf, dass Ihr Arbeitszeugnis individuell und schriftlich ausgestellt wird. Es darf also nicht bloß von einer Vorlage kopiert sein, sondern muss Ihre persönlichen Leistungen entsprechend würdigen. Das Zeugnis muss zudem sauber und ohne Knicke auf Firmenpapier ausgedruckt werden.
Habe ich Anspruch auf ein gutes Arbeitszeugnis?
Was viele nicht wissen: Auch wenn Ihre Vorgesetzten nicht hundertprozentig zufrieden mit Ihren Leistungen waren, haben Sie dennoch Anspruch auf ein wohlwollendes und wahres Arbeitszeugnis. Dieses muss verständlich und klar formuliert sein.
So entschied der Bundesgerichtshof bereits 1963, dass die Karriere eines Arbeitnehmers bzw. einer Arbeitnehmerin nicht unnötig durch ein schlechtes Zeugnis erschwert werden darf (Az. VI ZR 221/62). Das heißt, der Arbeitgeber muss sich einerseits bemühen, Ihre Leistungen möglichst objektiv zu bewerten, andererseits muss er dabei wohlwollende Formulierungen benutzen. Offene Negativkritik, bloße Vermutungen oder Meinungsäußerungen sind verboten. Dieser Doppelanspruch – wahr und gleichzeitig wohlwollend – führt in der Praxis dazu, dass Arbeitgeber auf das sogenannte Zeugnisdeutsch zurückgreifen. Dabei handelt es sich um Standardsätze, die zwar oft nett klingen, hinter denen sich aber Kritik beziehungsweise schlechte Noten verstecken können. Ein wohlwollendes Arbeitszeugnis muss daher nicht zwingend ein gutes Zeugnis sein.
Einen gesetzlichen Anspruch auf die Bewertung "sehr gut" ("stets zu unserer vollsten Zufriedenheit") oder "gut" ("zu unserer vollsten Zufriedenheit" / "stets zu unserer vollen Zufriedenheit") haben Sie jedenfalls nicht. Wollen Sie dennoch, dass in Ihrem Arbeitszeugnis die Note "sehr gut" oder "gut" steht, tragen Sie dafür selbst die Beweislast. Sie müssen also nachweisen, dass Sie die gute oder sehr gute Note verdient haben.
Auch eine Schlussformel, die Dank und Bedauern über den Weggang eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin ausdrückt, ist rein optional (Bundesarbeitsgericht, 2012, Az. AZR 227/11) und daher ein häufiger Streitpunkt. Fehlt diese nämlich komplett, schlagen bei Personalverantwortlichen in der Regel sofort die Alarmglocken.

Wie lange kann ich ein Arbeitszeugnis anfechten?
Werfen Sie einen Blick in Ihren Arbeits- oder Tarifvertrag – unter Umständen können darin entsprechende Vereinbarungen festgehalten sein. Ist dies nicht der Fall, gilt meist der "Grundsatz der Verwirkung". Demnach gehen Gerichte in der Regel davon aus, dass der Arbeitgeber die Leistungen eines Mitarbeiters bis zu sechs Monate nach dem Beschäftigungsende angemessen bewerten kann. Klagen, die später eingereicht werden, lehnen Arbeitsgerichte in den meisten Fällen ab.
Grundsätzlich sollten Sie sich merken: Handeln Sie möglichst zeitnah, sobald Ihnen das Arbeitszeugnis zugestellt wird! Gerichte haben auch schon Klagen abgelehnt, die vier Monate nach dem Ausscheiden eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin eingereicht wurden.


