Der Komplex „Hufrolle“ funktioniert beim Pferd wie ein Stoßdämpfer: Bei jedem Schritt fängt er die Last des Tieres auf. Probleme mit der Hufrolle heißen eigentlich „Hufrollen-Syndrom“ oder „Hufrollenentzündung“, sie werden jedoch meistens umgangssprachlich nur „Hufrolle“ genannt. Nicht zu verwechseln ist sie mit der „Hufrehe“ – einer weiteren Pferdekrankheit im Bereich der Füße. Wird die Hufrolle chronisch, so nennt man sie – um den medizinischen Fachbegriff zu nutzen – Podotrochlose.
Das Leiden ist – neben der Arthrose – einer der häufigsten Gründe für eine Lahmheit beim Reitpferd. Betroffen sind fast immer die Vorderhufe – meist nicht nur einer, sondern beide gleichzeitig. Beim Hufrollen-Syndrom liegt oft eine chronische Entzündung zu Grunde. Das wiederum hat zur Folge, dass das Strahlbein porös oder gar zerstört wird und brechen kann.
Das hat schmerzhafte Folgen: Der Hufrollenschleimbeutel und die Beugesehne bereiten dem Pferd enorme Schmerzen, sodass es bald keine Lust mehr hat, sich zu bewegen. Oft kommen die erkrankten Tiere sehr steif aus der Box oder stolpern bei den ersten Schritten. Meist haben Pferde mit Hufrollen-Syndrom insgesamt einen stockenden Schritt. Zusätzlich zu diesen Anzeichen kommt es im Extremfall zu Lahmheiten – das heißt, sie lahmen dauerhaft.
Neben der genetischen gibt es noch weitere Ursachen. Eine davon ist der Reitsport. Zum Beispiel ist beim Springreiten die Hufrolle großen Kräften beim Abspringen und Landen ausgesetzt – ähnlich wie auch menschliche Weit- und Hochspringer ihre Sprunggelenke und Achillessehnen massiv fordern.
Dressurpferde dagegen müssen enge Wendungen bewerkstelligen, Westernpferde schnelle Drehungen und harte Stopps durchführen. Das sind alles Bewegungen, die extrem auf die Strukturen wirken. Ein harter Boden, wie man ihn immer noch in vielen Ställen vorfindet, ist auch nicht gerade förderlich für eine gesunde Hufrolle.
Aber auch das Gegenteil, nämlich ein Mangel an Bewegung – erst recht im jungen Alter – ist „Gift“ für die Hufrolle: Durch fehlende Bewegung wird das Gewebe schlecht durchblutet. Das schwächt sämtliche Bereiche der Hufrolle.
Auch Fehlstellungen von Gliedmaßen und Hufen sowie deren falsche Bearbeitung haben einen großen Einfluss auf Wohl und Wehe der Hufrolle. Zu lange Zehen oder schlechtsitzende Eisen sorgen dafür, dass der Komplex überlastet wird. „Nur ein korrekt geformter Huf kann langfristig die Belastungen eines Pferdes aushalten“, sagt Hufexperte Lenz. „Sein Mechanismus muss einwandfrei funktionieren, damit er einem mehrere hundert Kilo schwerem Pferd als Stoßdämpfer dienen kann.
Bei jedem Schritt werden Ballen und Hufrollenschleimbeutel zusammen- und die Wände des Hufs nach außen gedrückt. Dieser Mechanismus fördert die Blutzirkulation im Huf. Zu enge Eisen beispielsweise können ihn behindern - mit der Folge, dass starke Erschütterungen bei der Bewegung ungebremst auf die Gelenke treffen. „Deswegen sollten unbedingt regelmäßig die Eisen kontrolliert werden“, so Lenz, „wobei man die Art und den Umfang der Nutzung des Pferdes und sein Alter natürlich im Blick haben muss.“ Aus dem Grund ist diese Arbeit auch nur etwas für Spezialisten wie Hufschmiede oder Tierärzte.
Wie bei vielen anderen Erkrankungen gilt auch bei der Hufrolle: Je schneller der Tierarzt helfen kann, desto höher sind die Chancen auf Heilung. „Bei einer akuten Entzündung brauchen die Pferde zunächst vollkommene Ruhe“, erklärt der Hufschmiedemeister. Gleichzeitig empfiehlt er „eine optimale Korrektur des Hufes, da eine Verformung oder falsche Bearbeitung häufig ein Grund für die Hufrollenerkrankung ist.“
Zudem erhält das Tier Medikamente, die die Entzündung hemmen, den Knochenabbau verringern und den Knochenaufbau fördern. Nach der ersten Ruhephase braucht das Pferd viel Bewegung. Aber: Es sollte sich dabei nicht überanstrengen. Ausgedehnte Runden auf weichem Boden im Schritt oder maximal langsamen Trab sind daher ideal. Bewegung fördert die Versorgung des Hufes mit Nährstoffen und regt den Stoffwechsel in den erkrankten Partien an.
Die wichtigste Regel zur Verhinderung einer Hufrollen-Entzündung lautet: Achte auf korrekt bearbeitete Hufe! Jeder Huf kann Stöße nur richtig dämpfen, wenn er korrekt geformt ist und nicht durch falschen Beschlag eingeengt wird. Deswegen sind eine regelmäßige Hufpflege und Kontrollen durch den Hufschmied enorm wichtig für die Gesundheit des Tieres. „Wer hier spart“, sagt Lutz, „der spart am falschen Ende!“
Wird ein Pferd trainiert, darf man es nicht überfordern. Die Belastung muss sich am Fitnesslevel des Tieres orientieren. Außerdem sollte sich das Pferd vor und nach dem Training ausreichend bewegen können, damit das Gewebe gleichmäßig durchblutet wird. Das ist durchaus vergleichbar mit dem Aufwärmen und „Cool down“ bei menschlichen Sportlern.
Bevor Sie Ihr Pferd reiten, planen Sie daher etwa 20 Minuten Aufwärmphase ein, um Sehnen, Schleimbeutel, Bänder und Knochen auf Betriebstemperatur zu bringen. Zusätzlich sollten Sie das Pferd genau beobachten, um Ermüdungserscheinungen zu vermeiden. Bevor es zu einem Leistungsabfall kommt, lieber frühzeitig das Tempo rausnehmen und das Training beenden! Zusätzlich strapazieren schnelle Gangarten wie Galopp auf hartem Boden die Hufrolle.
Die Regeln gelten umso mehr natürlich für Fohlen und junge Tiere: Der Nachwuchs sollte besonders schonend angeritten und auf die kommenden Aufgaben langsam vorbereitet werden. Ihr Pferd wird es Ihnen danken.