9. Allianz Autotag – Elektro­autos teurer zu reparieren als Ver­brenner

22. September 2021 – Pressemitteilung – Allianz Deutschland AG
Reparatur­vorgaben verteuern Unfall­reparaturen / Teure Folge­kosten nach Unfällen und Bränden / Typ­klassen­einstufung bei E-Fahr­zeugen funktioniert

Die Anzahl der Elektroautos auf unseren Straßen steigt rasant. Im Juli 2021 wurden in Deutschland 40 Prozent weniger Benziner als im Juli 2020 neu zugelassen; beim Diesel betrug das Minus 48 Prozent. Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride liegen mit mehr als 50 Prozent im Plus und haben in den ersten sieben Monaten des Jahres fast schon ein Viertel des Neuwagenmarktes eingenommen. Wie sieht es aber mit dem versicherungstechnischen Risiko dieser Fahrzeuge aus?

Am 22. September 2021 stellte das Allianz Zentrum für Technik (AZT) auf dem 9. Allianz Autotag in Ismaning seine aktuelle Auswertung mit Schwerpunkt auf die Schadenerfahrung bezüglich Unfall- und Brandrisiken vor. Untersucht wurden Schäden von Fahrzeugen mit elektrischem Ladeanschluss und nennenswerter elektrischer Reichweite im Zeitraum 2018 bis 2020. „Elektroautos unterscheiden sich äußerlich kaum noch von Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben. Aber sie sind aufgrund der Batterie schwerer und meist auch steifer. Die Batterie muss gegen Beschädigung beim Unfall bestmöglich geschützt werden. Deshalb sind Elektroautos unter dem Blech anders aufgebaut als Fahrzeuge mit konventionellen Antrieben“, erklärte Carsten Reinkemeyer, Leiter Sicherheitsforschung im AZT, auf der Allianz Veranstaltung.

Die wichtigsten Ergebnisse der Unter­suchung
Im Schadengeschehen unterscheiden sich Elektroautos nicht grundsätzlich von Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben. Bei der Unfallreparatur sieht man aber deutliche Unterschiede, die sich aus den Normen oder Herstellervorgaben für die Reparatur von Elektrofahrzeugen ergeben. Beispielsweise kommt es schnell zu einem wirtschaftlichen Totalschaden, wenn die Vorgaben des Herstellers zwingend vorsehen, dass die Batterie nach Airbag-Auslösung entsorgt werden muss. Auch kann ein vom Marder angebissenes Hochvolt-Kabel heute nicht repariert werden. Das verteuert den Schadenaufwand deutlich. So kostete ein notwendiger Kabelsatz bis zu 7000 Euro. Es geht aber auch anders: Einige Automobilfirmen verwenden Schutzummantelungen, die getauscht werden können. Die Reparaturkosten lassen sich dadurch um bis zu 97 Prozent reduzieren.
Folge­kosten verteuern den Schaden
Eine wichtige Erkenntnis der AZT Untersuchung war, dass bei schwer beschädigten Elektrofahrzeugen dem Halter neben den Reparaturkosten weitere Aufwendungen entstehen können. Grundsätzlich kann ein Stromer nur in einer Werkstatt repariert werden, die eine Qualifikation für „eigensichere HV-Fahrzeuge“ ausweist. Ist die Eigensicherheit infolge schwerer Beschädigung nicht mehr gegeben – und das ist bei einem relativ kleinen, aber teuren Anteil der Schäden der Fall –, dann genügt die Qualifikation des Werkstattpersonals nicht. Aus der Schadenpraxis sehen wir, dass diese Verzögerungen in der Schadenbearbeitung die Reparaturdauer verlängern. „Das entspricht nicht unserem Anspruch an die Kundenzufriedenheit. Hier müssen die Hersteller standardisierte Lösungen schaffen“, fordert Reinkemeyer. Ein weiterer Unterschied zur Unfallreparatur von Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben liegt darin, dass der Akku auch bei nicht mehr funktionsfähiger Anlage noch immer viel Energie enthält. So entstehen nach einer Bergung beispielsweise zusätzliche Kosten durch die notwendige Brandvorsorge.
Typ­klassen­einstufung bei E-Fahr­zeugen funktioniert
Die Untersuchung hat gezeigt, dass auch bei Elektrofahrzeugen die Unfallreparaturen der größte Hebel für eine günstige Versicherungseinstufung sind. „Wir können durch die Untersuchung belegen, dass die Versicherungs-Ersteinstufung, die primär auf der Ermittlung der Reparaturkosten beruht, für Elektrofahrzeuge gleichermaßen wie für Fahrzeuge mit herkömmlichen Antrieben zu einer korrekten Typklasse führt“, sagt Reinkemeyer.
QUELLE: GDV 2018-2020 & AZT
Dabei ähneln Elektrofahrzeuge in Typklasse und Verteilung der Schadenarten den Benzinern, während Plug-in-Hybride dem Diesel-Pkw ähnlich sind. Dies erklärt sich aus der unterschiedlichen Nutzung der beiden Fahrzeugarten. Rein elektrische Antriebe werden bislang primär im urbanen Umfeld benutzt, analog zum Benzin-Antrieb. Die Plug-in-Hybride werden häufig in größeren und langstreckentauglichen Modellen eingesetzt und sind daher im Schadengeschehen den Dieselfahrzeugen ähnlicher.
Keine erhöhte Brand­gefahr bei Elektro­fahr­zeugen
In Deutschland werden jährlich ca. 15.000 Pkw-Brände gemeldet. Der Anteil der Elektrofahrzeuge daran liegt weit unter einem Prozent. „In unserer Untersuchung sehen wir weiterhin keine höhere Brandwahrscheinlichkeit bei Elektrofahrzeugen im Vergleich zu konventionellen Benzinern oder Dieselfahrzeugen“, sagt Reinkemeyer.
Kontakt
Christian Weishuber