Mehr Schlüssel als Sylvia Rothe hat im Ort nur der Postbote. Ihre großen, kleinen, rostigen, glänzenden Schlüssel gehören zur Kirche, zum Kornmuseum, zum Schafstall ihrer Familie. Sylvia Rothe ist ehrenamtliche Ortsbürgermeisterin der Ortschaft Nutha, einem Ortsteil der Stadt Zerbst in Sachsen-Anhalt mit 260 Einwohnern. Sie mischt überall im Dorf mit – als Vorsitzende des Kirchenrats, Vorstand der Jagdgenossenschaft, Mitglied im Heimat- und Schützenverein und als Mutter. Ganz nebenbei verkauft sie als erfolgreichste nebenberufliche Vermittlerin der Allianz im Gebiet Nordost Hausrat-, Haftpflicht- und Lebensversicherungen.
»Ich bin wie ich bin«, sagt Sylvia Rothe, 58, »ich kann meinen Mund nicht halten.« Wenn sie für etwas kämpft, dann so richtig – ob für neue Fenster in der Kirche, eine Bushaltestelle für die Kinder der Nuthaschen Mühle oder für mehr Touristenattraktionen. Über ihre Wahl zur Bürgermeisterin sagt sie: »Man muss sich nur trauen und dann einfach durchbeißen.« Seit 17 Jahren beißt sie sich nun durch, im nächsten Jahr könnte sie zum vierten Mal gewählt werden.
Rothes Arbeitswelten überlappen sich längst. Wenn sie zu einer Veranstaltung kommt, ist sie Bürgermeisterin und Ratgeberin in Versicherungsfragen. Und die herzliche Frau von nebenan sowieso. Zur Eröffnung eines Blumenfelds im Nachbardorf bringt sie ein hölzernes Dorfwappen mit und hält eine kurze Rede: Sie lobt das Familienunternehmen, das die Gegend für Bewohner und Touristen attraktiver machen will. Es begann mit einem Café und einer Veranstaltungshalle, mittlerweile gehören ein Kinderspielplatz und das Blumenfeld dazu. Bei Kaffee und Rhabarberkuchen auf dem Tulpenfeld spricht Sylvia Rothe das Thema Versicherungen an. Denn das Familienunternehmen ist noch nicht bei der Allianz. »Immer auf Kundenakquise«, sagt eine Bürgermeisterkollegin aus einer anderen Ortschaft und lacht. Sie ist seit der letzten Kfz-Abwerberunde Allianz Kundin. »Mit den neuen Autotarifen hat Sylvia mich überzeugt«, sagt sie.
Zur Allianz kam Rothe über ihre Mutter, die zu DDR-Zeiten Nebenberufsvertreterin bei der Staatlichen Versicherung war. Schon als Kind half sie, Unterlagen und Briefe zu sortieren, später übernahm sie das Geschäft vollständig. Im Dorf kannte jeder jeden, und so fiel es Mutter und Tochter nicht schwer, Kunden zu gewinnen. »Die Leute wussten, an wen sie sich wenden müssen, wenn sie ein neues Auto gekauft haben und eine Versicherung brauchten«, erzählt sie.
Als Sylvia Rothes Mutter an Demenz erkrankte, rückte die Arbeit mit der Allianz in den Hintergrund, die Bürgermeisterin pflegte ihre Mutter bis zu deren Tod. Erst seit zwei Jahren ist sie wieder stärker für die Allianz tätig. Ihr Versicherungsgeschäft hat sich seitdem vervierfacht. Mittlerweile ist sie die erfolgreichste Nebenberufsvertreterin im Betriebsgebiet Nordost. Gemeinsam mit einem Kollegen war sie unter den Goldsiegern des Jahres und konnte an der Goldreise nach Dubrovnik, zu der die erfolgreichsten Allianz Vertreter des Landes eingeladen wurden, teilnehmen. Eine große Ehre. Und ein Abenteuer. »Ich bin zuvor noch nie geflogen«, sagt sie.
Sylvia Rothe und Holger Markmann kennen sich durch den Heimat- und Schützenverein. Zweimal im Jahr richtet Markmann auf seinem Grundstück mit dem Verein ein Grasbahnrennen für Oldtimer-Motorräder aus. Mit einem Freund präpariert er die Wiese hinter seinem Haus, sodass 90 Oldtimer-Fans mit bis zu einhundert Jahre alten Motorrädern um die Wette fahren können. Mehr als 1000 Besucher drängen sich im Mai und im September auf dem Gelände.
Holger Markmann, selbst begeisterter Motorsportler, ist an diesem Tag nie ohne seinen Retro-Halbschalenhelm und die Rennfahrerbrille zu sehen. Sylvia Rothe ist wie so oft in ihren beiden beruflichen Rollen anwesend: Als Bürgermeisterin eröffnet sie das Rennen tiefenentspannt mit einer Ehrenrunde auf einem jahrzehntealten Fahrrad. Und als Nebenberufsvertreterin hat sie sich dieses Jahr zum ersten Mal um die Versicherung des Events gekümmert. Weil die Planung sehr kurzfristig war, musste alles schnell gehen. Markmann, der über Sylvia Rothe bisher nur eine private Altersversorgung für seine Frau abgeschlossen hat, war begeistert von ihrer spontanen Hilfe. Für Rothe und Felsmann ein idealer Anknüpfungspunkt.
Als beide auf dem gekiesten Vorplatz der Mühle aus ihren Autos steigen, werden sie von Hund Humboldt begrüßt. LVR Tino Felsmann holt ein Säckchen mit Leckerlis aus dem Kofferraum. »Auch so was muss man immer dabeihaben«, sagt er und lacht.
Rothe, Felsmann und Markmann nehmen auf einer bunt bemalten Bierbankgarnitur Platz. Im Innenhof der Mühle riecht es nach Flieder und frisch gesägtem Holz. Alle Gebäude, die den Hof umgeben, sind bei verschiedenen Unternehmen versichert – das Wohnhaus sowie die dazugehörenden Pferdeställe und Scheunen. Markmann möchte das ändern und all seine Versicherungsangelegenheiten über die Allianz regeln. Als sich die drei nach dem anderthalbstündigen Beratungsgespräch verabschieden, steht fest: Markmann wird eine Gebäude-, eine Rechtsschutz- und eine Tierhaftpflichtversicherung für Hund und Pferde abschließen. Felsmann organisiert einen Termin mit einem Experten, der die Gebäude bewertet. Um alles Weitere wird er sich selbst kümmern.
Für Sylvia Rothe ist der Tag auch nach fünf oder sechs solcher Termine nicht vorbei. Am Abend steht die Stadtratssitzung der Stadt Zerbst an, zu der auch ihr Ortsbürgermeistergebiet gehört. Heute geht sie mit einer Herzensangelegenheit ans Rednerpult, nachdem im Ratssaal über die Eröffnung eines Spargelfestes, den Einsatz von Schienenersatzverkehr und eine Sonderausstellung zur Ersterwähnung der Stadt Zerbst diskutiert wurde: »Die Nuthasche Mühle ist das kinderreichste Fleckchen in meiner Ortschaft«, beginnt sie ihre Rede. War sie eben noch in ihrer Rolle als Nebenberufsvertreterin bei den Markmanns, so setzt sie sich nun vor dem Stadtrat für die Kinder der Familie und deren Nachbarn ein. »Die Kinder müssen jeden Tag 800 Meter an einer unbeleuchteten Straße ohne Bürgersteig zur nächsten Bushaltestelle laufen«, fährt sie fort. Seit mehreren Wochen kämpft sie dafür, dass vor der Mühle ein Haltestellenschild aufgestellt wird, sodass die Kinder dort abgeholt werden.
Heute spricht sie vor dem Stadtrat, um mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Wer Sylvia Rothe dort vorn am Rednerpult sieht und hört, versteht, warum die Menschen sie schon zum dritten Mal zur Bürgermeisterin gewählt haben. »Bis es die Haltestelle gibt, bleiben die Kinder zu Hause und betreiben Selbstunterricht mit Sylvia Rothe«, beendet sie ihre Rede. Die Leute im Saal lachen. Und applaudieren.
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Sylvia Rothe: Antony Sojka