Frau Küçük, wie erleben Sie persönlich den Wahlkampf?
Ich nehme eine Diskrepanz wahr: Wir erleben einen Hitzesommer mit vielen Waldbränden, aber der Klimawandel wird kaum thematisiert. Wir sehen riesige Sorgen innerhalb der Gesellschaft im Hinblick auf die Konsequenzen der Pandemie. Dieses Ereignis führt jedem seine Verletzlichkeit vor Augen und legt starke globale Zusammenhänge offen: Was ich hier mache, wirkt sich an anderen Orten aus. Wir beobachten eine sich vertiefende Spaltung zwischen Arm und Reich. Vermögen in Deutschland haben sich zum Beispiel innerhalb der letzten 20 Jahre verdreifacht, während im gleichen Zeitraum die Armutsgefährdungsquote gestiegen ist. Und gleichzeitig, trotz dieser großen Herausforderungen, wirkt der Wahlkampf inhaltsleer. Bislang spielt sich leider vieles im Klein-Klein ab und handelt von einem deplatzierten Lacher oder von unsauberen Zitaten in Büchern. Dabei fragt sich ein großer Anteil der Bevölkerung, wie es politisch nach 16 Jahren Angela Merkel weitergehen soll. Gerade Erstwähler, immerhin 4,6 Prozent der Wahlberechtigten, die noch nie ein Deutschland ohne Angela Merkel erlebt haben, möchten wissen: Wer sind eigentlich diese drei Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen?