In der Nacht vom 14. auf 15. Juli ereignete sich eine der schlimmsten Naturkatastrophen in Deutschland. Das Tief „Bernd“ brachte enorme Mengen Starkregen mit sich und bewegte sich zudem nur sehr langsam fort – diese gewaltigen Wassermassen konnte dann der Boden nicht mehr aufnehmen. Die Pegelstände der Flüsse stiegen an. Das Wasser und durch die Strömung mitgerissene Flutgeschosse wie Bäume, Gestein und sogar Fahrzeuge rissen ganze Häuser mit sich. Mehr als 180 Menschen kamen bei dieser Katastrophe ums Leben. Besonders schwer getroffen hat es das Ahrtal. Ein Jahr später gleicht die Region immer noch einer Baustelle. Bei rund 20 Prozent der bei uns versicherten Häuser ist die Schadenregulierung noch nicht abgeschlossen. Ein Rückblick mit Schadenvorstand Jochen Haug.
Herr Haug, inzwischen ist fast ein Jahr vergangen. Wenn Sie jetzt zurückblicken: Was ist Ihr erster Gedanke?
Das Ausmaß der Katastrophe war extrem und nicht vergleichbar mit anderen schweren Ereignissen in den vergangenen Jahren. Besonders die hohe Zahl an Toten hat mich sehr betroffen gemacht. Was das bedeutet, wird einem erst richtig bewusst, wenn man vor Ort ist. Ich hatte mit vielen Kundinnen und Kunden gesprochen. Und es gab viele, die Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn verloren hatten. Auch unsere Vertreter vor Ort waren mit ihren Familien, Häusern oder Agenturen teilweise schwer betroffen. Die Schilderungen der Menschen, die diese Nacht und die darauffolgenden Tage erlebt haben, die vergisst man nicht.
Was mich aber auch sehr beeindruckt hat, war die große Hilfsbereitschaft. Egal ob Aufräumen, Einrichtung von Notfallküchen, Geld- oder Sachspenden. Das war unglaublich.
Welche Herausforderungen gab es bei der Schadenregulierung?
Unmittelbar nach der Katastrophe mussten wir ganz neu denken: Im Ahrtal war die Infrastruktur zerstört, ganze Orte abgeschnitten. Telefon und Internet funktionierten nicht. Wie können wir unsere Kunden und Vertreter erreichen? Wer ist wie betroffen? Was wird dringend gebraucht? Das war für uns eine ganz neue Situation. Bereits am nächsten Tag haben wir unsere Schadenregulierer aus ganz Deutschland zusammengezogen und in die betroffenen Regionen geschickt. Uns war klar, dass wir priorisieren müssen. Ein vollgelaufener Keller ist ein Ärgernis für den Kunden, und auch hier ist eine schnelle und unkomplizierte Schadenregulierung wichtig. Aber andere standen vor dem Nichts. Entweder war das Haus schwer beschädigt oder gar nicht mehr da. Also haben wir bei einer Schadenmeldung von schwer betroffenen Kunden eine Sofortzahlung von bis zu 10.000 Euro veranlasst – ohne dass irgendwelche Nachweise eingereicht werden mussten. So konnte das Nötigste gekauft und ein Hotelzimmer bzw. eine Ferienwohnung angemietet werden. Zudem wiesen uns unsere Vertreter darauf hin: Alles ist nass, und wir haben keinen Strom. Also haben wir mithilfe unseres Allianz Handwerkerservice rund 2000 Trocknungsgeräte und mehr als 100 Stromaggregate gekauft und in die Region zu unseren Kunden transportiert. Unsere Vertreter vor Ort organisierten die Verteilung, denn sie wussten, wo die Geräte dringend benötigt wurden.