Die Katastrophe kommt schnell und ohne Vorwarnung. Das Dörfchen Braunsbach, ein paar Kilometer nördlich von Schwäbisch Hall, wird Ende Mai 2016 innerhalb einer Stunde von einer Lawine aus Schlamm, Geröll und Wasser nahezu vollständig zerstört. Nur drei Tage später ein ähnliches Szenario im niederbayerischen Simbach am Inn: Dort fallen in wenigen Stunden 170 Liter Wasser pro Quadratmeter, was insgesamt fünf Milliarden Liter Regen ergibt. Das entspricht in etwa der Menge an Wasser, die in 30 Minuten die Niagarafälle hinunterstürzt. In Simbach und Braunsbach schwellen Bäche an, Treibgut verstopft Fangrechen und Brückendurchläufe. In der Folge schieben sich Wasser- und Schlammmassen meterhoch durch die Straßen. Beide Gemeinden, weit entfernt von den bekannten deutschen Hochwasserregionen an Rhein, Mosel oder Donau, gehen gleichsam unter – und mit ihnen die Anwohner, von denen viele fast alles verlieren, was sie bis dahin besessen haben.
Wie konnte das passieren? 91,2 Prozent aller Immobilien Deutschlands liegen in einer Zone mit der geringsten Hochwassergefährdung. Sie gelten als relativ sicher – wie auch Braunsbach und Simbach am Inn, die kaum je zuvor betroffen waren. Warum, fragen sich viele Haus- und Wohnungseigentümer, sollte ich mich vor einem Risiko schützen und eine spezielle Versicherung abschließen, wenn die Gefahr so gering erscheint?
Auch wenn noch immer einige Menschen am Klimawandel zweifeln, die Zahlen der Versicherungsbranche beweisen längst, dass es ihn gibt. Im Jahr 2018 haben die Kunden der Allianz mehr als 280.000 Unwetterschäden gemeldet. Zur Auszahlung kamen rund 511 Millionen Euro, und die Prognosen von Wissenschaftlern weltweit lassen nicht erwarten, dass wir klimatisch und meteorologisch ruhigeren Zeiten entgegengehen. So komplex das Thema auch sein mag, so einfach ist die Erklärung am Ende für das, was wir selbst seit einigen Jahren in Echtzeit miterleben dürfen: Je stärker sich die Luft erwärmt, desto mehr Feuchtigkeit kann sie auch aufnehmen. Bei einem Temperaturanstieg von nur einem Grad macht das knapp sieben Prozent mehr Wasser in der Luft. Da die Durchschnittstemperatur in Deutschland seit 1882 um 1,4 Grad gestiegen ist, können jederzeit rund 9 Prozent mehr Niederschläge fallen, was zuletzt nicht nur in Simbach am Inn oder Braunsbach zu verheerenden Katastrophen führen kann.
Dazu kommt, das sollte man nicht verschweigen, dass diese ständig größer werdenden Niederschlagsmengen auf immer dichter besiedelte und vor allem versiegelte Oberflächen treffen. Während Waldböden auch größere Regenmassen aufsaugen und speichern können, lassen Äcker und vor allem überbaute Flächen Niederschläge an der Oberfläche abfließen.
Bislang konnten Bürger, die trotz geringer Risikoeinschätzung von Naturkatastrophen heimgesucht wurden, im Regelfall auf staatliche Unterstützung hoffen. Im bayerischen Simbach am Inn dürfte der Gesamtschaden bei mehr als einer Milliarde Euro liegen. Der Freistaat Bayern hatte seinerzeit den von dem Hochwasser geschädigten Bürgern vergleichsweise schnell Soforthilfen in Höhe von bis zu 10.000 Euro pro Schadenfall zugesagt – je nachdem, wie schwerwiegend die Zerstörungen waren. Ab dem 1. Juli 2019 jedoch will die Bayerische Staatsregierung diese Soforthilfen nicht mehr auszahlen, wenn die Schäden versicherbar gewesen wären.
Die Schäden in Simbach am Inn wären natürlich versicherbar gewesen, wenn die Dorfbewohner auch nur den leisesten Verdacht gehabt hätten, dass sie eines Tages von einer Katastrophe dieses Ausmaßes betroffen sein könnten. Aber sie ahnten nichts, wie auch die Menschen in Braunsbach und in all den anderen Orten in Südbaden, im Harz oder im Schwarzwald, wo es in den zurückliegenden Jahren zu Extremwettern gekommen ist.
Das Hauptproblem ist das mangelnde Risikobewusstsein vieler Haus- oder Wohnungsbewohnern. Ein Auto mit einem Wert von rund 30.000 Euro wird in der Regel vollkaskoversichert, damit man in jedem Fall abgesichert ist und keine finanziellen Risiken tragen muss. Beim Hausrat und einer Immobilie jedoch, die nicht selten über größere Bankkredite finanziert werden und im Wert das Vielfache eines Mittelklassewagens erreichen, ist das Bewusstsein einer umfassenden Absicherung – auch gegen Naturgefahren – deutlich weniger ausgeprägt. Und das, obwohl die Versicherungsbeiträge wegen der überwiegend geringen Risikoeinschätzung eher niedrig sind. Ein Beispiel: Eine erweiterte Naturgefahrenversicherung als Ergänzung zur Wohngebäude- oder Hausratversicherung betrifft in rund 91,2 Prozent der Fälle Gebäude, die in der Zone mit der geringsten Gefährdung liegen und somit im Schnitt für weniger als 100 Euro im Jahr gegen Hochwasser, Starkregen und weitere Naturgefahren abgesichert werden können. Die erweiterten Naturgefahrenversicherungen kommen dann zum Tragen, wenn es zu Schäden durch Überschwemmungen, Starkregen, Rückstau, Erdrutsche oder Schneelawinen bzw. Schneelastbeschädigungen kommt. Die üblicherweise bestehenden Wohngebäude- und Hausratversicherungen decken Schadenfälle durch Brand, Blitzschlag, Leitungswasser, Sturm, Hagel und Einbruchdiebstahl. Ereignisse wie die von Braunsbach oder Simbach am Inn sind dagegen nicht versichert. Und wie beschrieben springt ab dem 1. Juli 2019 auch die Politik nicht mehr mit Soforthilfen ein. Die Begründung des heutigen bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder nach der Naturkatastrophe von Simbach am Inn mag sehr sachlich klingen, im Kern aber hat er recht: Es sei nicht die Aufgabe des Staates, eine Art von Ersatzversicherung zu bieten. Spätestens jetzt muss klar sein, dass bei einem Wegfall von Staatshilfen künftig jeder sein Risiko alleine trägt, solange er sich nicht umfassend absichert. Das Bewusstsein, dass es jeden Immobilienbesitzer treffen kann, muss – wie bei Autofahrern – dringend geweckt werden, zumal die Prämien für die erweiterten Naturgefahrenversicherungen in den allermeisten Fällen überschaubar sind. Derzeit sind nur 43 Prozent der bundesdeutschen Gebäude gegen Naturgefahren wie Hochwasser oder Überschwemmung versichert. Der Rest glaubt womöglich, dagegen versichert zu sein, verkennt eventuell die Gefahren oder vertraut vielleicht darauf, dass bislang auch nichts dergleichen passiert ist.
Alle „nicht versicherten“ Bürger müssen in der heutigen Zeit mit einem Totalverlust ihres Besitzes durch unvorhersehbare Naturkatastrophen rechnen. Das ist keine Panikmache – es ist vielmehr die Realität. Nach den Unwetterereignissen der zurückliegenden Jahre wird künftig kaum einer behaupten können, dass man das Unglück nicht voraussehen konnte. Man muss schlichtweg in Zukunft mit schlimmen Naturkatastrophen rechnen. Überall. Und damit diese nur ersetzbare Mauern, Möbel und Technik zerstören, aber keine Existenzen – genau dafür sind Versicherungen da.
Haus, Wohnung und Hausrat lassen sich bei der Allianz gegen Naturgefahren absichern, indem Sie den Zusatzbaustein "Extremwetterschutz" für Ihre Wohngebäude- und Hausratversicherung abschließen. Hier erfahren Sie mehr zum Extremwetterschutz.
Bildquellen
klimawandel-ueberschwemmung: Markus Burke