»Sie zeigen uns auf, was Realität ist«

20. Mai 2023 – Text: Katja Fastrich
Als Geschäftsführer des Versorgungswerks der Presse verantwortet Manfred Hoffmann die Altersvorsorge von rund 150.000 Medienschaffenden. Am Internationalen Tag der Pressefreiheit spricht er über die Ideale seiner Kund:innen und erklärt, warum ihre Arbeit für die Demokratie unerlässlich ist

In demokratischen Gesellschaften sorgen vielfältige und unabhängige Medien dafür, dass Informationen und Meinungen öffentlich werden – die Basis dafür, dass Wählerinnen und Wähler souveräne Entscheidungen treffen können.

In Deutschland hat die Meinungs- und Pressefreiheit eine bewegte Geschichte: Nachdem die Nationalsozialisten die einstige Vielfalt zerstört und die Medien gleichgeschaltet hatten, wurden nach dem Krieg viele neue, große Zeitungen sowie der öffentlich-rechtliche Rundfunk gegründet. Es wuchs eine Medienlandschaft, die unparteilich war, rechtlich geschützt – und frei wie nie zuvor. 

Um Journalistinnen und Journalisten fürs Alter abzusichern, entstand 1949 das Versorgungswerk der Presse. Es sollte einen Beitrag dazu leisten, die Meinungsfreiheit und damit die Demokratie in der jungen Bundesrepublik zu stärken. Der Grundgedanke: Wer finanziell vorsorgt, kann unabhängiger arbeiten. Gründungsmitglieder des Presseversorgungswerks waren Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter der Zeitungsbranche sowie ein Konsortium von Lebensversicherern. Der größte unter ihnen war und ist die Allianz, die zusammen mit HDI, AXA und R+V das Altersvorsorgevermögen verwaltet.

Den idealistischen Grundgedanken spiegelt auch die Unternehmensstruktur: Das Versorgungswerk der Presse ist eine Non-Profit-Organisation ohne eigenes Gewinnstreben. Die Gesellschafter verzichten auf Dividenden, damit alle Überschüsse den Versicherten zufließen.

Herr Hoffmann, sind Journalistinnen und Journalisten schwierige Kunden?

Sie sind anspruchsvoll. Weil sie Dinge genau wissen wollen. Das bringt ihr Beruf mit sich.

Hat Ihre Klientel ein höheres Risiko als andere Berufsgruppen?

Reporterinnen oder Redakteure leben generell nicht gefährlicher als andere Menschen, aber spezifischer. Es geht darum, dass wir wissen, welche Besonderheiten es mit sich bringt, dass Journalistinnen und Journalisten zum Beispiel häufig im Ausland arbeiten oder im Rahmen ihrer Tätigkeit auch in Konfliktherden unterwegs sind. 

Was glauben Sie – sind Meinungsvielfalt und Pressefreiheit heute vielleicht wichtiger denn je? 

So würde ich das nicht sagen, aber uns allen wird aktuell wieder die Bedeutung einer freien Medienlandschaft bewusst. Man hat gemerkt, etwa durch die Propaganda in Russland zum Ukrainekonflikt, aber auch durch die Beeinflussung von Wahlen in den USA über Fake News oder »alternative Fakten«, wie schnell Meinungen manipuliert werden können. 

Gelingt es dem Journalismus, dagegenzuhalten? 

Ich denke, dass Journalistinnen und Journalisten ihrer Aufgabe, der Aufarbeitung von Fakten und Wissen und den dazugehörenden Hintergründen, noch immer gerecht werden. Sie zeigen uns auf, dass es Wahrheit gibt, was Realität ist und warum gleichzeitig eine Vielfalt von Meinungen für eine funktionierende Demokratie wichtig ist.

Weil die Medien damals mundtot gemacht wurden?

Als die Nazis 1933 die Macht übernahmen, hat es nur wenige Monate gedauert, bis sie auch die Medien kontrollierten. Wer eine andere Meinung publizieren wollte, wurde zum Schweigen gebracht. Das zeigt, was auf dem Spiel stand. Für Journalistinnen und Journalisten war es auch davor schon schwer, auf einen grünen Zweig zu kommen, geschweige denn, für ihr Alter vorzusorgen, denn sie waren schon immer stark von Idealen geprägt. Ich zitiere einen unserer Gründer, den Verleger Dietrich Oppenberg: »Ohne die Sicherheit, im Alter versorgt zu sein, ist der Journalist nicht unabhängig genug, um seiner publizistischen Aufgabe gerecht zu werden.« Die Unabhängigkeit der Redaktionen war damals und ist auch heute noch essenziell für die Vielfalt einer freien Presse.

Mehr als 70 Jahre nach der Gründung: Was macht die Presseversorgung besser als andere?

Die Kenntnis der Branche und der Berufe. Das umfasst heute viel mehr als die klassischen Printmedien und den Altersvorsorgetarifvertrag. Denken Sie nur an die Werbebranche oder an Informationsdienstleister. Gerade Menschen in der Geschäftsführung dieser Unternehmen haben häufig einen journalistischen Hintergrund und verbinden mit uns positive Erfahrungen.

Mittlerweile sind durch die Presseversorgung nicht nur Journalisten im Tarifvertrag, sondern auch andere Medienschaffende freiwillig abgesichert. Wie kam es dazu? 

Die Medienvielfalt nimmt zu, und die Wechselbereitschaft in der Branche war schon immer hoch. Früher war es so, dass zwischen Zeitung und Zeitschrift gewechselt wurde oder zwischen Rundfunk, Fernsehen und den Printmedien. Aber mittlerweile finden ausgebildete Redakteurinnen und Redakteure auch in Werbe- und PR-Agenturen oder bei Onlinemedien Anstellung. Zu den Berufsbildern gehören heute nicht nur klassische Journalist:innen, sondern beispielsweise Grafiker:innen, Webdesigner:innen, Medienkaufleute und viele mehr. Sie alle, ihre Partner und Kinder können über uns eine freiwillige private oder betriebliche Altersvorsorge abschließen.

Die Presseversorgung feiert nächstes Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. Was sind Ihre Ziele für die nächsten 75 Jahre?

Ich möchte, dass diese Erfolgsgeschichte auch lange nach mir fortgeschrieben wird. Sich mit der Branche weiterzuentwickeln, indem man immer wieder darauf achtet, wer eigentlich zur Medienbranche gehört, den individuellen Bedarf zu erkennen und besser zu bedienen, als jeder andere Anbieter das könnte.

Versorgungswerk der Presse: Bedarfsgerechte Versicherungen für Medienschaffende

Bildquellen

Fotos: Annette Cardinale, privat

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