Hat Ihr Arzt strikte Bettruhe verordnet, ist der Fall klar. Jedoch ist das bei den meisten Krankheiten nicht der Fall. Ein Abstecher zum Einkaufen im Supermarkt oder ein Spaziergang sind fast in jedem Fall möglich. Bei Freizeitaktivitäten wie dem Besuch des Weihnachtsmarktes, eines Konzertes oder dem Stadionbesuch, gilt es schon eher abzuwägen. „Eine feste Regel gibt es hier aber nicht. Das ist immer eine Einzelfallentscheidung“, sagt Kieferle. Das beginne schon beim Auftreten am Glühweinstand: „Es macht ja einen Unterschied, ob jemand dort im T-Shirt steht und sechs Glühwein mit Schuss trinkt, oder ob er dick eingemummelt an einer einzigen Tasse Kinderpunsch nippt.“
Ob ein Besuch des Weihnachtsmarktes als genesungswidriges Verhalten angesehen werden kann, hängt auch von der Art der Krankheit ab: Bei einem gebrochenen Arm könnte man das verneinen, bei einer schweren Erkältung sieht das schon anders aus. Zudem spielt der tatsächliche Status der Gesundung eine Rolle: „Wenn ich am letzten Abend einer fünftägigen Krankschreibung auf den Weihnachtsmarkt gehe und am nächsten Morgen wieder ins Büro komme, dann war der Besuch wohl kaum mehr genesungswidrig“, sagt Kieferle.
Für eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung reicht ein genesungswidriges Verhalten in aller Regel aber ohnehin nicht aus, erklärt der Anwalt. „Man müsste schon krass genesungswidrig handeln, damit eine Kündigung in Betracht käme: etwa, wenn man wegen eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, dann aber Bungee springen geht."
Geht man trotz Krankschreibung seinen privaten Aktivitäten nach, setzt man sich noch einem ganz anderen Vorwurf aus, nämlich dass die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht wurde. „Sofern sich das bewahrheiten sollte, braucht es vor einer Kündigung auch keine vorige Abmahnung“, sagt Kieferle. Auch wenn viele Arbeitnehmer es so sehen sollten: „Blau machen“ ist kein Kavaliersdelikt!
Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, sprechen Sie vor besonderen Freizeitaktivitäten mit Ihrem Arzt und lassen sich schriftlich bescheinigen, was Sie trotz Krankschreibung tun dürfen, was also nicht genesungswidrig ist.
Sollte es trotzdem Ärger mit Ihrem Arbeitgeber geben, können Sie sich als Kunde bei dem Allianz Rechtsschutz an unser Service-Telefon wenden: Sie bekommen Fach-Anwälte vermittelt und erhalten bei Problemen kompetenten Rat.
Als Tipp zum Schluss – ganz unjuristisch und mit Blick aufs Büroklima: Denken Sie auch an Ihre Kollegen! Derjenige, der tagsüber Ihre Arbeiten erledigen musste, freut sich bestimmt nicht, Sie abends beim Schnapstrinken auf dem Weihnachtsmarkt zu treffen.
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